Nanokosmos-Kamera filmt Molekülschwingungen in Zeitlupe

„In naher Zukunft könnten so Reaktionsschritte in elementaren chemischen und biologischen Prozessen visualisiert werden“, erläutern Jascha Repp und seine Kollegen von der Universität Regensburg das große Potenzial ihrer Methode. Ihre Zeitlupen-Aufnahmen erprobten sie an einem Pentacen-Molekül, das sich aus fünf Benzolringen zusammensetzt. Dieses legten sie auf eine atomar dünne Kochsalzschicht, die sie zuvor auf einer Unterlage aus Gold deponiert hatten. Um die extrem schnellen Schwingungen zu beobachten, brachten sie die feine Wolfram-Spitze eines Rastertunnelmikroskops in die Nähe des Pentacen-Moleküls.
Zwischen Mikroskopspitze und Molekül konnten sich nun einzelne Elektronen über einen Tunneleffekt bewegen. Die Messung der dabei transportierten elektrischen Ladung bildete die Grundlage für genaue Bilder mit atomarer Auflösung. Um nun zusätzlich die extrem schnellen Molekülschwingungen quasi filmen zu können, griffen Repp und Kollegen zu einem kurz getakteten Infrarotlaser. Mit den ultrakurzen Terahertz-Lichtpulsen konnten die Forscher zwischen Pentacen-Molekül und Mikroskopspitze eine elektrische Spannung aufbauen, die das quantenmechanische Tunneln der Elektronen ermöglichte. Dadurch ließ sich in kurzen Zeitabständen von etwa 115 Femtosekunden jeweils ein Schnappschuss des Pentacen-Moleküls aufnehmen. Eine Serie solcher Momentaufnahmen ergab darauf den Zeitlupenfilm der Molekülschwingungen.
Die Kombination eines Rastertunnelmikroskops mit Terahertz-Lichtblitzen bildet die Grundlage für diese raffinierte Filmkamera für Molekülschwingungen. Nach dem erfolgreichen Testlauf an einem einzelnen Pentacen-Molekül könnte diese Methode auch auf andere Substanzen angewendet werden. Prinzipiell ließe sich damit auch der Ablauf von chemischen Reaktionen zwischen verschiedenen Molekülen mit atomarer Genauigkeit und zuvor unerreichter zeitlicher Auflösung untersuchen.