Morbider Duft der Liebe

Die Weibchen von aasfressenden Speckkäfern lassen sich nur dann von männlichen Sexuallockstoffen anlocken, wenn diese mit Verwesungsgeruch kombiniert sind
Der Dornspeckkäfer (Dermestes maculatus) ist nicht nur ein Aasfresser, sondern auch ein Lebensmittelschädling.
Der Dornspeckkäfer (Dermestes maculatus) ist nicht nur ein Aasfresser, sondern auch ein Lebensmittelschädling.
© Dr. Heiko Bellmann
Ulm - Der Geruch von verwesendem Fleisch weist männlichen Dornspeckkäfern den Weg zur Nahrung. Zudem können sie auch nur von dort aus junge Weibchen anlocken. Denn diese reagieren auf die Sexualpheromone nur dann, wenn sie mit Aasgeruch gemischt sind, berichten deutsche Biologen im Online-Journal „Frontiers in Zoology“. Das Verhalten der weiblichen Käfer bewirkt, dass sie auf diese Weise gleichzeitig Sexualpartner und einen Platz für die Eiablage finden, der den Larven ausreichend Nahrung bietet.

„Der Aasgeruch allein reicht nicht aus, um zwei bis drei Wochen alte jungfräuliche Weibchen anzulocken“, sagt Christian von Hoermann aus der Arbeitsgruppe von Manfred Ayasse an der Universität Ulm. Die Biologen untersuchten die Reaktion junger weiblicher Dornspeckkäfer (Dermestes maculatus) auf verschiedene Geruchsstoffe. Dazu sammelten sie zum einen die leicht flüchtigen Verbindungen, die von toten Schweinekörpern in unterschiedlichen Verwesungsstadien freigesetzt werden. Zum anderen setzten sie natürliche und synthetisch hergestellte Sexualpheromone der männlichen Käfer ein. Die Weibchen ließen sich nur dann anlocken, wenn sie gleichzeitig Pheromone und Aasgeruch wahrnahmen. Besonders effektiv war dabei die Kombination zwischen Sexuallockstoff und Benzylbutyrat, das erst im späten Verwesungsstadium entsteht. Die zu diesem Zeitpunkt angelockten Weibchen finden so nicht nur genügend Paarungspartner und Nahrung, sondern auch einen optimalen Eiablageplatz, der die Ernährung des Nachwuchses sicherstellt.

Je nach Verwesungsstadium dient der Kadaver eines Wirbeltiers in festgelegter zeitlicher Reihenfolge unterschiedlichen Arten aasfressender Insekten als Nahrung. Diese werden durch typische Geruchsstoffe angelockt, die zu verschiedenen Zeiten während der Zersetzung toter Körper entstehen. Als erstes treffen Schmeiß- und Fleischfliegen ein und legen ihre Eier ab. Nur im noch feuchten Gewebe können sich daraus Maden entwickeln, die sich vom Fleisch ernähren. Es folgen räuberische Kurzflügler und Stutzkäfer, die es auf die Maden abgesehen haben. Fünf bis elf Tage nach dem Tod des Tieres – bei einer Umgebungstemperatur von 27 Grad Celsius – erscheinen die ersten Dornspeckkäfer. Nach Paarung und Eiablage schlüpfen deren Larven erst dann, wenn bereits kein Fleisch mehr vorhanden ist. Besteht der Kadaver nach drei bis vier Wochen nur noch aus Knochen, Haaren und trockner Haut, dominieren neben Bunt- und Mistkäfern die Larven der Speckkäfer, die sich schließlich verpuppen. Etwa sechs Wochen nach der Eiablage schließt sich deren Lebenszyklus auf dem Kadaver mit der Entwicklung erwachsener Käfer. Diese müssen dann neues Aas aufspüren. Während ihres vier bis sechs Monate dauernden Lebens paaren sich die Weibchen immer wieder und legen mehrmals Eier.

Die Besiedlung und Entwicklung von Insekten auf und in einem menschlichen Leichnam ist für die Forensik ein wichtiges Hilfsmittel, um den Zeitpunkt des Todes zu ermitteln. Denn die festgestellten Arten und Entwicklungsstadien der Aasfresser lassen darauf schließen, wann die Lebensfunktionen endeten und die natürliche Zersetzung begann. Zu berücksichtigen sind dabei zusätzliche Einflussfaktoren wie Luftfeuchtigkeit, Temperatur und Zugänglichkeit des Körpers.

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