Mikroben rotteten ganze Säugetierarten aus

Wahrscheinlich sorgte eine Infektion mit Trypanosomen für das Aussterben von Ratten auf der Weihnachtsinsel
Rattus nativitatis, auf der Weihnachtsinsel ausgerottet
Rattus nativitatis, auf der Weihnachtsinsel ausgerottet
© P. Wynne/patriciawynne.com
Norfolk / New York (USA) - Auf der Weihnachtsinsel im Indischen Ozean gibt es seit 1908 keine einheimischen Ratten mehr. Hausratten, die aus Schiffen auf die Insel gelangten, rotteten die dort lebenden zwei Rattenarten in nur neun Jahren aus - aber nicht durch erhöhten Konkurrenzdruck. Vielmehr brachten sie Krankheitserreger mit, gegen die sie selbst bereits immun geworden waren. Das schließen amerikanische Biologen aus DNA-Analysen von Tierpräparaten aus Museen. Danach wurde ein großer Teil der einheimischen Ratten nach dem ersten Kontakt mit den Neuankömmlingen mit Trypanosomen infiziert. Verwandte Arten dieser von Insekten übertragenen Blutparasiten verursachen beim Menschen die tödliche Schlafkrankheit. Die Forschungsergebnisse unterstützen die Theorie, dass auch Krankheitserreger eine Säugetierart ausrotten können, schreiben die Wissenschaftler im Online-Journal "PLoS One".

"Unsere Studie stellt erstmals einen Zusammenhang her zwischen einem Krankheitserreger und einem Ereignis, das zum Aussterben von Säugetieren geführt hat", sagt Alex Greenwood von der Old Dominion University in Norfolk. Er und seine Kollegen untersuchten die Ursache der Ausrottung zweier Rattenarten (Rattus macleari und Rattus nativitatis) auf der 135 Quadratkilometer großen Weihnachtsinsel. 1899 gelangten die ersten Hausratten (Rattus rattus) von anlegenden Schiffen auf die Insel. 1908 waren die beiden einheimischen Rattenarten ausgestorben. Erklärt wurde das bisher mit einer Verdrängung durch die erfolgreicheren Konkurrenten. Anhand von Tierpräparaten aus zoologischen Museen stellten die Forscher nun jedoch fest, dass keines der drei noch vorhandenen Exemplare der Inselratten aus der Zeit vor 1899 mit Trypanosoma lewisi, der auf Ratten spezialisierten Trypanosomenart, infiziert war. Dagegen fiel der DNA-Nachweis bei sechs von 18 der Exemplare aus späterer Zeit positiv aus. Zusätzliche Genomanalysen ergaben keinen Hinweis auf eine Vermischung von fremden und einheimischen Rattenspezies.

"Die endemischen Arten wurden offensichtlich durch eine eingeführte Krankheit völlig ausgerottet. Es gab zu dieser Zeit nichts anderes, was dafür verantwortlich gemacht werden könnte", sagt Ross MacPhee vom American Museum of Natural History in New York, ein Mitglied des Forschungsteams. Bisher hatte man geglaubt, dass Krankheitserreger eine Tierart zwar stark dezimieren, aber nicht ganz auslöschen können. Denn wenn sich eine Infektion in einer Population ausbreitet, überleben meist einige Tiere, die widerstandsfähiger gegen den Erreger sind. Diese sorgen dann später wieder für ein Wachstum der Population.

American Museum of Natural History
Quelle: "Historical Mammal Extinction on Christmas Island (Indian Ocean) Correlates with Introduced Infectious Disease", Kelly B. Wyatt et al., PLoS One, Vol. 3(11): e3602, http://dx.plos.org/10.1371/journal.pone.0003602


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg