Mehr Windstrom hinter Hecken

Simulationen zeigen, dass bodennahe Windbrecher die Stromerzeugung in Windparks steigern können
Simulation eines Windparks mit zusätzlichen Windbrechern, die die Stromausbeute steigern könnten.
Simulation eines Windparks mit zusätzlichen Windbrechern, die die Stromausbeute steigern könnten.
© Srinidhi N. Gadde, U. Twente
Twente (Niederlande) - Windräder liefern am meisten Strom an Standorten mit möglichst starkem und stetigem Wind. Auch die Geländeform und die Position der Anlagen in einem Windpark zueinander beeinflussen durch Abschattungseffekte die Stromausbeute. Nach einer neuen Analyse könnten aber Windbrecher – etwa in Form von Hecken oder Baumreihen – die Effizienz von Windrädern um bis zu zehn Prozent steigern. Diese auf den ersten Blick widersprüchliche Erkenntnis gewannen niederländische Wissenschaftler mit einer umfassenden Simulation von Windströmungen in einem Windpark. Sie veröffentlichten ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Physical Review Fluids“.

„Unsere Simulationen zeigen, dass große Windparks von Windbrechern profitieren können“, sagt Richard Stevens von der Universität Twente in Enschede. Der Grund liege in der Beschleunigung der Strömung oberhalb der Hürde. Für dieses überraschende Ergebnis entwarf Stevens gemeinsam mit seinem Kollegen Luoqin Liu einen virtuellen Windpark mit 36 Anlagen, angeordnet in sechs Reihen mit je vier Windrädern. In dieser Simulation berechneten sie die Windströmungen über den gesamten Park mit und ohne zusätzlichen Windbrechern.

Die Berechnungen ergaben, dass die Windbrecher einen positiven Effekt auf die Stromausbeute haben können. Doch dafür müssten vor jedem einzelnen Windrad beispielsweise Hecken oder Erdwälle errichtet werden, die ein Zehntel der Höhe der Windradnabe aufweisen und dabei fünfmal so breit wie hoch sind. Für ein 100 Meter hohes Windrad wäre also ein zehn Meter hoher Windbrecher von 50 Meter Breite ideal. Genau dann stieg die berechnete Stromausbeute des gesamten Windparks um zehn Prozent im Vergleich zu einem Park ohne jeden Windbrecher.

Für einzelne Windräder zeigten bereits frühere Studien, dass ein vorgelagerter Windbrecher die Windgeschwindigkeit auf der Höhe des Rotors vergrößerte und damit auch die Stromausbeute. Für einen ganzen Windpark wurde erst vermutet, dass sich solche Maßnahmen nachteiligt auswirken sollten. Doch die Simulation zeigt nun genau das Gegenteil. „Aber wir wissen nicht, ob eine Steigerung von zehn Prozent auch mit realen Windbrechern erreicht werden kann“, dämpft Liu allzu großen Hoffnungen. Denn es sei eine neue Idee, die bisher noch niemand ausprobiert habe.

Da zehn Prozent eine relativ große Steigerung der Effizienz wäre, könnte diese Studie viel Aufmerksamkeit erregen und weitere Berechnungen und Simulationen anderer Forschergruppen folgen lassen. Tatsächlich wird intensiv an den Windströmungen in und um Windparks geforscht. Denn sowohl Messungen wie auch Simulationen haben bereits belegt, dass der Windschatten von Anlagen in den vorderen Reihen eines Windparks signifikant die Stromausbeute der dahinter liegenden Windräder beeinflusst. Diese Abschattungseffekte können sich sogar über weite Entfernungen von bis zu 50 Kilometern – also beispielsweise zwischen verschiedenen, benachbarten Windparks – auswirken. So führen aktuell Forscher von der Technischen Universität Braunschweig im Rahmen des Projekts X-Wakes Messungen vor und hinter Offshore-Windparks durch, um die genauen Strömungsfelder über weite Gebiete genauer zu ermitteln. Auf offener See jedoch könnten keine Hecken gepflanzt und Effizienz steigernde Windbrecher aufgebaut werden. Hier ließe sich jedoch durch optimierte Standorte der einzelnen Windräder zueinander – abweichend von der derzeit meist symmetrischen Anordnung – die Stromausbeute steigern.

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