Lungeninfektion: Diagnose durch chemischen Fingerabdruck der Atemluft

Erregertypen lassen sich durch Analyse des gesamten Spektrums flüchtiger Substanzen in der ausgeatmeten Luft zuverlässig identifizieren
Burlington (USA) - In Zukunft könnte es genügen, zur Diagnose einer Lungeninfektion in ein Gerät zu pusten. Denn die Krankheitserreger setzen leicht flüchtige Substanzen frei, die sich in der ausgeatmeten Luft nachweisen lassen. Durch einen Atemtest konnten amerikanische Forscher jetzt bei Mäusen Infektionen durch zwei Bakterienarten zuverlässig diagnostizieren. Die Methode beruht auf einer speziellen Form der Massenspektrometrie, welche einen chemischen Fingerabdruck der Atemluft eines Menschen liefert. Wenn sich das Verfahren bewährt, stünde eine zeitsparende und nicht-invasive Methode zur Verfügung, um eine Tuberkulose oder andere akute und chronische Lungeninfektionen zu erkennen, berichten die Wissenschaftler im „Journal of Breath Research“.

„Traditionelle Methoden der Diagnostik können Tage dauern – bei Tuberkulose sogar Wochen. Eine Atemanalyse würde die Zeit bis zur Diagnose auf Minuten verkürzen“, sagt Jane Hill von der University of Vermont in Burlington. Zwar ist schon länger bekannt, dass Infektionserreger im Prinzip anhand der leicht flüchtigen Stoffe identifiziert werden können, die sie an die Luft abgeben. Was aber mit Laborkulturen relativ einfach messbar ist, erweist sich als schwierig, wenn sich die Mikroben nicht in der Petrischale, sondern in der Lunge vermehren. So enthält die ausgeatmete Luft eines gesunden Menschen mehrere Hundert von einigen Tausend möglichen Substanzen. Das gesamte Spektrum dieser Stoffe weist individuelle Unterschiede auf und wird durch die Ernährung beeinflusst. Von den Substanzen, die ein Infektionserreger noch zusätzlich produziert, lassen sich häufig nicht mehr alle nachweisen.

Das Forscherteam von Hill beschränkte sich bei seinen Arbeiten zunächst auf die beiden Bakterienarten Pseudomonas aeruginosa und Staphylococcus aureus, die Lungeninfektionen verursachen können. In Experimenten mit infizierten Mäusen stellten sie fest, dass nur ein Viertel bis ein Drittel der von Laborkulturen bekannten flüchtigen Substanzen der Bakterien in der Atemluft nachweisbar war. Sich auf die Analyse einiger weniger, für Infektionserreger typische Verbindungen zu verlassen, hatte sich bereits in früheren Studien als unzuverlässig erwiesen. Daher ermittelten die Forscher das Gesamtspektrum der chemischen Verbindungen in der ausgeatmeten Luft der Versuchstiere. Dazu setzten sie eine hochempfindliche Messmethode ein, die sogenannte Sekundäre Elektrospray-Ionisations-Massenspektrometrie (SESI-MS). Der damit ermittelte chemische Fingerabdruck der Atemluft erlaubte es, eindeutig zu erkennen, ob die Lunge einer Maus mit Staphylokokken, mit Pseudomonaden oder gar nicht infiziert war. Sogar eine Unterscheidung zwischen zwei Stämmen von Pseudomonaden war möglich.

„Ich vermute, dass wir mit Hilfe des ‚Atemabdrucks’ auch in der Lage sein werden, zwischen Lungeninfektionen durch Bakterien, Viren und Pilzen zu unterscheiden“, sagt Hill. Nun sollen Studien mit Patienten die Zuverlässigkeit der neuen diagnostischen Methode prüfen. Eine Atemluftanalyse kann auch die Diagnose anderer Krankheiten unterstützen. Beispielsweise verändert sich die Zusammensetzung der ausgeatmeten Luft bei Patienten, die an bestimmten Krebsformen, Diabetes oder Asthma erkrankt sind.

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Quelle: „Detecting bacterial lung infections: in vivo evaluation of in vitro volatile fingerprints“, Jiangjiang Zhu et al.; Journal of Breath Research, http://iopscience.iop.org/1752-7163/7/1/016003


 

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