Lebende Stromkabel aus Bakterien

Über den Transport von Elektronen können die Mikroorganismen in einem Stoffwechselprozess giftigen Schwefelwasserstoff im Meeresboden abbauen
Bakterienkabel im Meeresboden (Grafik)
Bakterienkabel im Meeresboden (Grafik)
© Mingdong Dong, Jie Song, Nils Risgaard-Petersen
Aarhus (Dänemark) - Mikroben unter dem Meeresboden müssen in einer sauerstoffarmen Umgebung überleben. Doch mit einem lebenden, bakteriellen Stromkabel können sie ihren Stoffwechsel an die Umgebung anpassen und sogar giftigen Schwefelwasserstoff abbauen. In Sedimentproben entdeckten dänische Biologen diese leitfähigen Organismen, die von tieferen sauerstoffarmen Zonen bis in sauerstoffhaltige, obere Bereiche des Meeresbodens reichten. Ihre überraschende Analyse, mit der die Kenntnisse dieses komplexen Ökosystems bereichert werden, veröffentlichten sie in der Zeitschrift „Nature“.

„Die langen Bakterien-Filamente übernehmen die Funktion eines Elektronentransporters“, erklären Christian Pfeffer und seine Kollegen von der Universität Aarhus. Bis zu 15 Millimeter tief in den Meeresboden reichen diese lebenden Stromleitungen. Sie bestehen aus Ketten langgestreckter Bakterien aus der Familie der Desulfobulbaceae. Die geleiteten Elektronen werden bei einem Stoffwechselprozess der Mikroben im Meeresboden freigesetzt. Die Organismen wandeln dabei Sulfat-Verbindungen erst über eine Reduktion in giftigen Schwefelwasserstoff und danach in unschädlichen Schwefel um. Der dabei entstehende Elektronenüberschuss gelangt über das bakterielle Kabel und wird dort zur Reaktion von Sauerstoff zu Wasser genutzt.

Im Labor untersuchten die Forscher die Bakterien und ihre Leitfähigkeit noch genauer. So zeigten die einzelnen Zellen eine gute Polarisierbarkeit und die Fähigkeit, elektrische Ladungen wie in einem Kondensator zu speichern. Die umhüllenden Membranen offenbarten unter dem Mikroskop eine Struktur mit zahlreichen Furchen. Durch diese führten winzige Kanäle, gefüllt mit einem gelartigen Periplasma, das den Elektronentransport erst ermöglichte. Die äußeren Membranen selbst konnten keinen Strom leiten.

Ohne direkten Zugang zu Sauerstoff können diese Organismen so trotzdem indirekt Sauerstoff für ihren Stoffwechsel nutzen. „Jedoch ist es bisher unklar, ob sie allein handeln oder in Gemeinschaft mit anderen Mikroben“, schreibt Gemma Reguera, Mikrobiologin an der Michigan State University in einem begleitendem Kommentar. So ist es nicht ausgeschlossen, dass im Meeresboden bisher unbekannte Symbiosen eingegangen werden können und auch anderen Mikroben einen indirekten Zugang zu Sauerstoff ermöglichen.

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