Labormäuse: Wärmendes Nest verringert den Stress

Wenn sich die Versuchstiere wohl fühlen, könnte sich das auch positiv auf die Zuverlässigkeit der Forschungsergebnisse auswirken
Labormäuse des Stamms C57BL/6 werden häufig für Tierversuche eingesetzt.
Labormäuse des Stamms C57BL/6 werden häufig für Tierversuche eingesetzt.
© Wualex (gemeinfrei)
Stanford (USA) - Bei normaler Raumtemperatur fühlen sich Labormäuse nicht wohl. Die frierenden Tiere haben einen veränderten Stoffwechsel, was Forschungsergebnisse verfälschen könnte. Da eine erhöhte Raumtemperatur aber auch die Aggressivität der Mäuse steigern würde, haben amerikanische Forscher eine andere Lösung gefunden, um sie vor dem Kältestress zu bewahren: Es genügt, die Käfige mit Nestbaumaterial auszustatten. Mit einer ausreichend verfügbaren Menge an Papierschnipseln bauen sich die Tiere ein Nest, in dem sie sich warm halten können, berichten die Wissenschaftler im Online-Journal „PLoS One“.

„Warum lassen wir sie nicht das tun, was sie auch in der Natur tun, nämlich Nester bauen?“, sagt Joseph Garner von der Stanford University. Wenn sie die Wahl hätten, würden die Mäuse eine Umgebungstemperatur von 30 bis 32 Grad Celsius bevorzugen. Die etwa zehn Grad geringeren Temperaturen, die in den meisten Tierlabors herrschen, lösen Stressreaktionen und unnormales Verhalten aus. So ist bekannt, dass die Tiere bei 20 bis 24 Grad etwa 60 Prozent mehr fressen als bei 30 Grad. Das könnte Versuchsergebnisse beeinflussen, die unter Wohlfühlbedingungen vielleicht anders ausfallen und besser auf den Menschen übertragbar wären.

Zusammen mit Brianna Gaskill von der Purdue University und weiteren Kollegen untersuchte Garner das Nestbauverhalten dreier Stämme von Labormäusen in Abhängigkeit von der Raumtemperatur. Dazu setzten sie die Tiere in einen bei 20 Grad temperierten Käfig, der über eine Röhre mit einem zweiten Käfig verbunden war. In diesem wurden Temperaturen zwischen 20 und 35 Grad eingestellt. Nur der kalte Käfig war mit unterschiedlichen Mengen an Papier ausgestattet, das sich zum Nestbau eignete. Je mehr von diesem Material vorhanden war, desto eher blieben die Mäuse im kalten Käfig, wo sie sich ein Nest bauten, anstatt den wärmeren Ort aufzusuchen. Zwischen sechs und zehn Gramm Papier seien nötig, damit sich die Tiere auch bei 20 Grad im selbst gebauten Nest wohl fühlen, stellten die Forscher fest.

Nest bauende Tiere nahmen auch bei kühlen Temperaturen weniger Nahrung zu sich als Mäuse, die bei gleicher Temperatur kein oder zu wenig Baumaterial zur Verfügung hatten. Denn frierende Mäuse fressen mehr, um mehr Körperwärme zu erzeugen. Einige Tiere wollten allerdings beides: Sie transportierten Papierschnipsel aus dem kalten Käfig in den wärmeren und bauten sich dort ihr Nest – so wie manche Menschen ihr Kopfkissen mitnehmen, wenn sie in Urlaub fahren, sagt Garner. Offenbar bedeutet das Nest für die Mäuse nicht nur Wärme, sondern auch Geborgenheit, die generell vor Stress schützt, vermuten die Forscher. Ihre Ergebnisse zeigen, dass es mit wenig Aufwand möglich wäre, sowohl das Wohlbefinden von Labormäusen als auch die Zuverlässigkeit der Ergebnisse von Tierversuchen zu verbessern.

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Quelle: „Heat or insulation: Behavioral titration of mouse preference for warmth or access to a nest“, Brianna N. Gaskill et al.; PLoS One, Ausgabe vom 30. März


 

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