Kuschelhormon erhält die Freundschaft

„Schimpansen sind ein gutes Modell, um die physiologischen Grundlagen von sozialen Bindungen zu erforschen“, schreiben Catherine Crockford vom Max Planck Institut für Evolutionäre Anthropologie und Kollegen. Unter natürlichen Lebensbedingungen gehen die Tiere starke dauerhafte Bindungen auch mit nicht verwandten Mitgliedern der Gruppe ein – unabhängig von ihrem Sexualverhalten. Solche Paare erkennt man an häufiger gegenseitiger Fellpflege, dem Teilen von Nahrung und der gegenseitigen Unterstützung in Notsituationen. Am häufigsten entwickeln sich die Freundschaften zwischen zwei männlichen Affen.
Die Forscher beobachteten eine Gruppe von Schimpansen in einem Waldgebiet in Uganda. Sie sammelten Urinproben von 33 Tieren, jeweils wenige Minuten nach der sozialen Fellpflege mit einem anderen Affen. Dieser andere war ein naher Verwandter, ein nicht verwandter Freund oder ein weder verwandtes noch befreundetes Gruppenmitglied. Als Kontrollen dienten Urinproben, die dieselben Tiere ohne vorherigen Kontakt mit anderen abgegeben hatten. Der Urin wurde mit Hilfe von Pipetten beispielsweise von Blättern aufgenommen und im Labor auf den Gehalt an Oxytocin untersucht.
Jeweils beide an der Fellpflege beteiligten Schimpansen hatten nur dann einen erhöhten Hormonspiegel, wenn zwischen ihnen bereits eine enge Bindung bestand. Weder die Nähe eines Freundes allein noch der Körperkontakt allein reichten aus – die Kombination war nötig, damit Oxytocin freigesetzt wurde. Diese Reaktion des Körpers hat möglicherweise auch für die Evolution des Menschen eine Rolle gespielt. Sie könnte erklären, wie sich das beim Menschen besonders ausgeprägte kooperative Verhalten zwischen nicht verwandten Mitgliedern einer Gemeinschaft entwickelt hat.
Das Hormon Oxytocin wird in der Hirnregion des Hypothalamus produziert, in der Hirnanhangsdrüse gespeichert und bei Bedarf abgegeben. Bei der Frau löst es Wehen aus und regt die Brustdrüsen zur Milchabgabe an. Eine Freisetzung erfolgt bei beiden Geschlechtern beim Orgasmus und bei angenehm empfundenen Hautkontakten. Oxytocin bewirkt ein Wohlgefühl, lindert Stress und verstärkt emotionale Bindungen.