Künstliches Sonnenfeuer rückt näher

Deutlich gesteigerte Energiegewinnung: Laserexperiment erreicht wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur kontrollierten Kernfusion
Seitenansicht des Zylinders. Durch das Loch ist das vergoldete Innere des Hohlraums zu sehen.
Seitenansicht des Zylinders. Durch das Loch ist das vergoldete Innere des Hohlraums zu sehen.
© Eddie Dewald, LLNL
Livermore (USA) - Es ist ein alter Traum der Wissenschaft, das Sonnenfeuer auf die Erde zu holen. Einen wichtigen Meilenstein hat nun ein amerikanisches Experiment genommen. Bei diesem erhitzen starke Laserstrahlen eine kleine Probe in Sekundenbruchteilen so hoch, dass es im Innern zu Fusionsprozessen kommt. Wie die Forscher im Fachblatt „Nature“ schreiben, konnten sie erstmals eine so starke Fusion erzielen, dass der Brennstoff mehr Energie freisetzte, als er selbst aufnahm.

Bei den gigantischen Drücken und Temperaturen im Zentrum von Sternen verschmelzen die Atomkerne von Wasserstoff zu Helium und schwereren Elementen. Dabei werden große Mengen Energie freigesetzt, die auch Glühbirnen zum Leuchten bringen könnten: Fusionskraftwerke könnten in der Zukunft zu wichtigen Energielieferanten werden. Die Technologie ist sicher, erzeugt keine Treibhausgase und verbraucht nur kleine Mengen eines praktisch unbegrenzt vorhandenen Brennstoffs. Als Rückstände fallen nur geringe Mengen an radioaktiven Rückständen an, die im Gegensatz zu denen von Atomkraftwerken kaum problematisch sind. Der Weg zur kontrollierten Fusion von Wasserstoff ist allerdings steinig: Seit Jahrzehnten stoßen Forscher auf immer neue, ungeahnte Schwierigkeiten und müssen sich jeden winzigen Fortschritt mühsam erarbeiten.

„Unsere Experimente zeigten beim Energiegewinn eine Verbesserung um eine ganze Größenordnung im Vergleich zu früheren Versuchen“, berichtet Omar Hurricane von der National Ignition Facility am kalifornischen Lawrence Livermore National Laboratory. Um das Sonnenfeuer zu zünden, steht den Forschern die weltweit stärkste Laseranlage zur Verfügung; insgesamt 192 Hochenergie-Laser, deren Technik ganze Turnhallen füllt. Sie sind so angeordnet, dass ihre Strahlen mit einer Gesamtleistung von Tausend Milliarden Watt auf einen winzigen Zylinder fokussiert werden. Dieser misst in der Länge nur rund einen und im Durchmesser einen halben Zentimeter. Er besitzt oben und unten je eine Eintrittsöffnung für die Laserstrahlen und ist auf der Innenseite mit einer dünnen Goldschicht überzogen.

Genau in der Mitte des Hohlraums sitzt ein kleines Kügelchen mit dem Brennstoff aus Deuterium und Tritium – zwei Arten schweren Wasserstoffs, die besonders gut fusionieren. Die Laserpulse sind so synchronisiert, dass sie im Zeitraum weniger Millionstel Sekunden ihre gesamte Energie in den Hohlraum pumpen. Die Probe erhitzt sich enorm und verwandelt sich in ein Plasma. Dabei entstehen im Brennstoff vergleichbare Dichten und Temperaturen wie im Sonnenzentrum, so dass dort Kernfusion stattfinden kann.

Bei insgesamt vier von mehreren Dutzend Tests war die im Brennstoff erzeugte Fusionsenergie größer als diejenige, die der Brennstoff selbst aufgenommen hatte. Zur Energieerzeugung reicht dies jedoch noch lange nicht: Denn nur ein Hundertstel der gesamten Energie, die die Laser verbrauchen und die schließlich im Hohlraum landet, wird auf den Brennstoff übertragen. Der Rest geht bei der Verdampfung des Zylinders und anderen Prozessen verloren. Damit haben die Wissenschaftler zwar eine wichtige Hürde genommen, sind aber noch weit von einer effektiven Energiegewinnung entfernt. Größere Hoffnung setzen deshalb viele Fusionsforscher auf den Forschungsreaktor ITER, der gegenwärtig im französischen Cadarache entsteht. Dort sollen starke Magnetfelder das heiße Fusionsplasma einschließen. Der Trick beim Laserexperiment ist hingegen das blitzschnelle Verdampfen und die dadurch erzielte hohe Dichte und Temperatur; diese Art der Fusion heißt deshalb auch Trägheitsfusion.

Die Versuche im kalifornischen Livermore liefern zwar wichtige Erkenntnisse für die Fusionsforschung. Sie zielen aber nicht nur auf die Energieerzeugung, sondern auch auf die Instandhaltung des amerikanischen Atomwaffenarsenals. Denn die bei solchen Versuchen gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen es den Militärs, die Lebensdauer und Sicherheit von thermonuklearen Waffen ohne die durch internationale Verträge verbotenen Atombombentests zu erhöhen.

© Wissenschaft aktuell


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg