Krebsmittel fördert Tumorwachstum
"Angiogenese-Hemmer, die den Wachstumsfaktor VEGF blockieren, sorgen dafür, dass Blutgefäße im Tumor reifen und stabiler werden", sagt David Cheresh von der University of California at San Diego. VEGF stimuliert das Wachstum von Blutgefäßzellen und fördert die Bildung neuer Kapillaren, die für das schnelle Tumorwachstum nötig sind. In Tumoren entsteht aber ein Überschuss an VEGF. Das führt zu einem schludrig schnellen Wachstum von Blutgefäßen, die nicht so stabil und leistungsfähig sind wie die Gefäße in normalem Gewebe. Sinkt der VEGF-Spiegel im Verlauf einer Therapie, verbessert sich nachträglich die Qualität dieser Gefäße.
Das ergaben Experimente mit genetisch veränderten Mäusen, deren VEGF-Produktion im Tumorgewebe verringert war. Diese Tumore wuchsen ungewöhnlich schnell. Das Absenken des VEGF-Spiegels hatte eine bisher unbekannte Nebenwirkung: Es aktivierte so genannte Perizyten, die sich an Kapillargefäße anlagern und sie dadurch belastbarer machen. Diese Funktion wird durch eine hohe VEGF-Konzentration gehemmt. Den gleichen Effekt beobachteten die Forscher, wenn sie Tumore normaler Tiere mit Angiogenese-Hemmern behandelten.
"Die Tumore werden zwar zunächst größer, aber damit auch beträchtlich empfindlicher gegen eine Chemotherapie mit anderen Medikamenten", sagt Cheresh. Um die Effektivität einer Chemotherapie zu optimieren, müsse man daher zunächst mit einem Angiogenese-Hemmer die Durchblutung verbessern und dann mit einem zweiten Mittel die Krebszellen abtöten. Die Art des Tumors spiele dabei keine Rolle, so Cheresh. Es reiche also nicht aus, die richtigen Medikamente einzusetzen, auch die Reihenfolge, in der sie verabreicht werden, sei wichtig.
"Deletion of vascular endothelial growth factor in myeloid cells accelerates tumorigenesis", Christian Stockmann et al.; Nature, Online-Publikation, doi:10.1038/nature07445