Kannibalismus unter Spinnen: Und ob die Größe zählt!

Deutlich kleinere Spinnenmännchen fallen Weibchen häufiger zum Opfer
Eine weibliche Wolfsspinne (Hogna helluo), die gerade ein Männchen verspeist
Eine weibliche Wolfsspinne (Hogna helluo), die gerade ein Männchen verspeist
© Shawn M. Wilder
Oxford/Hamilton (USA) - Und es kommt doch auf die Größe an! Zumindest für manches Spinnenmännchen kann die Körpergröße den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten, haben amerikanische Biologen beobachtet. Ob ein Weibchen den potenziellen Partner nach oder sogar bereits vor einer Paarung verspeist, hängt nämlich hauptsächlich vom Größenunterschied ab, berichten die Forscher im Fachblatt "American Naturalist". Je kleiner das Männchen im Verhältnis zum Weibchen ist, desto leichtere Beute ist es für seine Angebetete und desto schlechter sind seine Aussichten, wieder lebend aus einer Paarungssituation herauszukommen.

"Wir waren überrascht herauszufinden, dass eine solch simple Eigenschaft wie die relative Größe der Männchen zu den Weibchen einen solch starken Effekt auf die Häufigkeit sexuellen Kannibalismus' hat", sagt Shawn Wilder von der Miami University in Ohio. Gemeinsam mit seiner Kollegin Ann Rypstra hatte Wilder einen umfangreichen Datensatz über eine Vielzahl von Spinnenarten analysiert und dabei auf den Größenunterschied zwischen den Geschlechtern sowie das Auftreten von sexuellem Kannibalismus geachtet. Den Biologen fiel auf: Kannibalismus ist wesentlich wahrscheinlicher, wenn Männchen eindeutig kleiner sind als die Weibchen. Dieser Zusammenhang gilt sowohl innerhalb einer Spezies - die kleinsten Männchen fallen den Weibchen deutlich häufiger zum Opfer - als auch beim Vergleich unterschiedlicher Arten - Arten mit ausgeprägtem Größenunterschied zwischen den Geschlechtern zeigen generell eher kannibalistisches Verhalten.

Forschung zu sexuellem Kannibalismus hat sich häufig mit außergewöhnlichen Beispielen beschäftigt, in denen es um Selektion und Wettbewerb zu gehen scheint. Es gibt eine Reihe von Hypothesen, worin der Vorteil dieses extremen Verhaltens liegt. Mit ihrer Untersuchung zeigen Wilder und Rypstra, dass die Antwort auf diese Frage, warum manche Spinnenweibchen ihre Partner nach oder sogar vor dem Geschlechtsakt verspeisen, womöglich viel einfacher ist als gedacht: Haben sie aufgrund eines deutlichen Größenunterschiedes gute Chancen, das Männchen fangen zu können, dann tun sie es auch häufiger. Es ist also nicht unbedingt ein ausbalancierter Akt zwischen Kosten und Nutzen, sondern einfach ein hungriges Weibchen, das leichte Beute wittert, wenn ein Männchen klein genug ist, um es ohne große Umstände zu fangen.

Allerdings scheint es kaum einen evolutionären Druck zu geben, der das Phänomen Kannibalismus unter Spinnen fördern würde; vielmehr ist es wohl ein Nebenprodukt. Spinnenweibchen werden nicht größer, um ihre Männchen noch eher zu erwischen, da jedes Männchen dann eine noch kleinere Mahlzeit wäre. Ebenso wenig gibt es eine Tendenz seitens der Männchen noch kleiner zu werden, weil sie dann bei der Paarung noch viel seltener zum Zug kommen würden.

American Naturalist
Quelle: "Sexual size dimorphism predicts the frequency of sexual cannibalism within and among species of spiders", Shawn M. Wilder, Ann L. Rypstra; American Naturalist, Vol. 172, S. 431


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg