Jeder Mensch beherbergt ganz individuellen Bakterienzoo

Verändert sich das individuelle, aber stabile Keimspektrum der Bakterien im und auf dem Körper eines Menschen, lassen sich Rückschlüsse auf Krankheiten ziehen
Milchsäurebakterien zählen zur normalen Scheidenflora
Milchsäurebakterien zählen zur normalen Scheidenflora
© Janice Carr / CDC
Boulder (USA) - Haut, Schleimhäute und Darm des Menschen sind von Bakterien besiedelt, deren Zahl größer ist als die Zahl aller menschlichen Körperzellen. In der bisher umfangreichsten Untersuchung dieser Art haben amerikanische Forscher jetzt die Bakterienpopulationen an verschiedenen Stellen des Körpers gesunder Menschen vollständig analysiert. Dabei ergaben sich hinsichtlich des Artenspektrums große Unterschiede zwischen einzelnen Personen, aber nur kleinere Veränderungen über einen längeren Zeitraum bei ein und derselben Person. Eine gestörte bakterielle Körperflora kann sich auf die Gesundheit auswirken, ihre Wiederherstellung könnte neue Behandlungsformen eröffnen, schreiben die Wissenschaftler im Onlinejournal "Science Express".

"Unser Ziel war herauszufinden, was für eine gesunde Person normal ist. Das liefert den Basiswert für weitere Studien, in denen wir dann kranke Menschen untersuchen können", sagt Rob Knight von der University of Colorado in Boulder. "Eine der größten Überraschungen für uns war, dass es große Variationen zwischen den Personen in unserer Gruppe gesunder Probanden gab." Viermal in einem Zeitraum von drei Monaten nahmen die Forscher bei neun Testpersonen Proben von 27 Körperregionen. Zu den überprüften Bakterienstandorten gehörten 18 Stellen der Haut, sowie Darm, Mund, Nase und Ohren. Mit der aus den Proben isolierten DNA wurden mithilfe der PCR bakterielle RNA-Gene vervielfältigt und deren Sequenzen durch eine weiterentwickelte Technik der Pyrosequenzierung ermittelt. Aus den so erhaltenen RNA-Gensequenzen lassen sich die Arten der Bakterien bestimmen.

Die geringsten Variationen im Spektrum der Bakterienarten eines Standorts ergaben sich für die Mundkeime - sowohl zwischen verschiedenen Personen als auch im zeitlichen Verlauf bei einer Person. Die größte Artenvielfalt auf der Haut fanden die Forscher auf Unterarm, Handinnenfläche, Kniekehle und Fußsohle - hier war das Artenspektrum oft sogar größer als in Mund oder Darm. Aus den Ergebnissen ergäben sich viele Fragen, die nun beantwortet werden müssten, sagt Noah Fierer, ein Mitglied des Forschungsteams. So wisse man nicht, ob und wie sich die Bakterienpopulationen eines Menschen mit dem Älterwerden verändern und wie stark sich Veränderungen auf die Gesundheit auswirken. In weiteren Studien soll ein Vergleich der Ergebnisse mit denen von kranken Personen molekularbiologisch messbare Merkmale liefern, die auf bestimmte Krankheiten hinweisen. Ein krankhaft gestörtes Keimspektrum ließe sich dann möglicherweise dadurch korrigieren, dass "normale" Mischpopulationen von Bakterien auf die entsprechenden Körperstellen übertragen werden.

Die mehr als 100 Billionen (10 hoch 14) Mikroben des menschlichen Körpers tragen auf verschiedene Weise zur Gesundheit bei: Sie helfen bei der Verdauung, bilden Vitamine, stimulieren das Immunsystem und halten Krankheitserreger davon ab, sich zu vermehren. Die Mikrobendichte ist im Dickdarm am höchsten. Auf der Haut schwankt sie je nach Feuchtigkeit zwischen einigen hundert und mehreren hunderttausend Bakterien pro Quadratzentimeter.

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Quelle: "Bacterial Community Variation in Human Body Habitats Across Space and Time," by Elizabeth K. Costello et al.; Science Express, Online-Publikation, DOI: 10.1126/science.1177486


 

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