Heuschrecke mit Superhoden

Die übergroßen Hoden der Südlichen Beißschrecke sorgen dafür, dass die Männchen möglichst viele Weibchen begatten können
Derby / Cambridge (Großbritannien) - Die im Verhältnis zum Körpergewicht größten Hoden im Tierreich haben britische Biologen bei einer Art der Laubheuschrecken entdeckt. Entgegen der Erwartungen übertragen die Tiere aber bei der Begattung nicht mehr Spermien als andere Heuschrecken. Der biologische Vorteil der vergrößerten Hoden liegt wahrscheinlich darin, dass die Männchen eine größere Zahl von Weibchen begatten können und so ihren Fortpflanzungserfolg erhöhen, schreiben die Forscher im Fachblatt "Biology Letters". Bisher glaubte man, dass dieses Ziel dadurch erreicht wird, dass bei jeder Kopulation eine möglichst hohe Zahl an Spermien übertragenen wird, da diese mit den Spermien anderer Männchen um die Befruchtung der Eizellen konkurrieren müssen.

"Wir konnten kaum glauben, wie groß diese Organe waren - sie schienen den gesamten Unterleib auszufüllen", sagt Karim Vahed von der University of Derby. Zusammen mit James Gilbert von der University of Cambridge und Kollegen ermittelte er die relative Hodengröße bei 21 Arten von Laubheuschrecken. Den höchsten Wert erzielte die Südliche Beißschrecke (Platycleis affinis), deren Hoden 14 Prozent der Körpermasse ausmachten. Wie auch bei anderen Tierarten - darunter den Primaten - hängt die Hodengröße mit der Promiskuität der Weibchen zusammen: Je höher die Zahl ihrer Paarungspartner, desto größer deren Hoden. Weibliche Beißschrecken paaren sich während ihres zweimonatigen Lebens mit bis zu 23 verschiedenen Männchen.

Bisher gingen die Biologen davon aus, dass in dieser Situation aufgrund der Spermienkonkurrenz große Hoden von Vorteil sind, weil sie es ermöglichen, bei einer Kopulation möglichst viele Spermien zu übertragen. Es zeigte sich jedoch, dass das Ejakulat der Beißschrecken weniger Spermien enthielt, als bei anderen Laubheuschrecken. "Es scheint so, dass ihre Hoden nur deshalb so groß sind, damit die Männchen sehr häufig kopulieren können, ohne dass sich der Vorrat an Spermien erschöpft", sagt Gilbert. Bei den Beißschrecken sorgen also große Hoden dafür, dass über einen längeren Zeitraum zwar relativ wenige Spermien in dafür möglichst viele Weibchen übertragen werden können. Man müsse nun überprüfen, so die Forscher, ob sich diese Strategie auch bei anderen Tierarten mit großen Hoden nachweisen lässt.

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Quelle: "Larger testes are associated with a higher level of polyandry, but a smaller ejaculate volume, across bushcricket species (Tettigoniidae)", Karim Vahed et al.; Biology Letters, Online-Publikation, doi:10.1098/rsbl.2010.0840


 

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