Heißes Eisen(oxid) in der Mikrowelle

Eine neue Keramik heizt sich im Mikrowellenofen auf - das verkürzt den Kochvorgang, hilft aber auch beim Entsorgen organischer Abfälle und dem Säubern verunreinigter Böden
University Park (USA)/Saga (Japan) - Der Reis kocht in der Hälfte der Zeit und organisches Öl zerfällt binnen Minuten in seine Bestandteile: Diese Beispiele demonstrieren die Vorteile eines neuartigen Keramikmaterials aus den USA. Die Mischung aus dem Mineral Petalit und dem Eisenoxid Magnetit wird von Mikrowellen ebenso erhitzt wird wie etwa Wasser. Damit kann es Hitze speichern und aktiv den Kochvorgang im Mikrowellenofen verkürzen. Obendrein dehnt es sich kaum aus, so dass es den schnellen Wechsel von Erhitzen und Abkühlen verträgt, ohne zu springen. Und es kann als heiße Basis dienen, auf welcher sich organische Lösungsmittel oder Schadstoffe in verunreinigten Böden besonders schnell zersetzen, berichtet das amerikanisch-japanische Forscherteam im Fachblatt "Chemistry of Materials".

"Derzeit verliert im Mikrowellenofen erhitztes Essen Wärme an das kalte Geschirr, weil das Geschirr für Mikrowellen durchsichtig ist", erklärt Sridhar Komarneni, Professor für Mineralogie und Materialforscher an der Pennsylvania State University (PSU). Die Teller seien nach dem Kochvorgang immer noch kalt, es sei denn, Wärme fließt durch den Kontakt mit dem heißen Essen auf sie über. Die Moleküle herkömmlicher Keramik bleiben von Mikrowellen unberührt, während Wassermoleküle davon in Schwingungen versetzt werden und sich auf diesem Wege erhitzen. Für die neuartige Keramik kombinierte Komarneni zwei Substanzen in Pulverform, gemeinsam mit Hiroaki Katsuki und Nobuaki Kamochi, Forschern des japanischen Saga Ceramic Research Laboratory.

Das Mineral Petalit, ein farbloses bis roséfarbenes Silikat, enthält Aluminium, Lithium und Silizium und dehnt sich bei Erwärmung kaum aus, so dass es bereits heute als Grundstoff für hitzeschock-beständige Keramiken dient. Magnetit ist die stabilste Form von Eisenoxid und hat die Fähigkeit, sich unter Mikrowellen zu erhitzen. Beide Substanzen werden in Pulverform gemischt und im Sinterprozess in Form gepresst, bevor sie in zwei Stufen zur Keramik gebrannt werden. Dabei verändert sich das Magnetit von Fe3O4 zum Eisenoxid Fe2O3, das sich unter Mikrowellen erhitzt. Die relativ niedrige Wärmeleitfähigkeit des Materialmixes sorgt dafür, dass die Wärme danach nur langsam abfließt. Komarneni und Kollegen wollen ihre Entwicklung gezielt als Mikrowellengeschirr vermarkten.

Zudem betonen sie aber auch die Eignung des Materials zur Schadstoffvernichtung: "Die Keramiken haben mögliche Anwendungen bei der Sanierung organischer Schadstoffe, indem sie den ultraschnellen Zerfall unter Mikrowellenbestrahlung begünstigen", schreibt das Team im Fachblatt. Zur Demonstration nutzten sie harmloses Pflanzenöl, das sie dünn auf eine dicke Platte ihrer Keramik auftrugen. Nach 120 Sekunden unter Mikrowellen waren 98 Prozent des Öls in seine Bestandteile zerfallen und verschwunden. "In einem geschlossenen System", so Komarneni, könnten wir dieses Material vielleicht nutzen, um organische Schadstoffe im Boden zu zersetzen". Im optimierten Prozess erwartet er niedrigere Energiekosten und weniger Rückstände als bei vielen herkömmlichen Methoden.

Chemistry of Materials, PSU
Quelle: "Novel Energy-Saving Materials for Microwave Heating", Hiroaki Katsuki, Nobuaki Kamochi & Sridhar Komarneni; Chemistry of Materials, Vol. 20, S. 4803–4807, DOI: 10.1021/cm801138n


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg