HI-Viren durchdringen auch gesunde Schleimhaut der Scheide

Die Erreger schlüpfen zwischen den Hautzellen hindurch und erreichen eine Tiefe, in der sie Immunzellen infizieren können
Das HI-Virus ist in der Lage, zwischen nur lose verbundenen Hautzellen hindurchzuschlüpfen
Das HI-Virus ist in der Lage, zwischen nur lose verbundenen Hautzellen hindurchzuschlüpfen
© Ann Carias
San Francisco (USA) - Frauen können sich möglicherweise auch auf einem bisher unterschätzten Weg mit dem HI-Virus anstecken: Das Virus ist laut amerikanischen Forschern sehr wohl in der Lage, auch die gesunde Schleimhaut der Scheide zu passieren und in Schichten vorzudringen, in denen es dann Immunzellen befallen kann. Es ist daher entgegen der bisherigen Annahme auch bei völlig intakter Schleimhaut möglich, dass sich eine Frau beim Geschlechtsverkehr mit dem Virus infiziert, berichteten die Wissenschaftler auf der 48. Jahrestagung der American Society for Cell Biology (ASCB) in San Francisco. Bislang war angenommen worden, dass das Virus die gesunde Schleimhaut der Vagina nicht ohne weiteres durchdringen kann und eine Ansteckung nur bei Verletzungen oder erst im Bereich des Gebärmutterhalses möglich ist, wo die Auskleidung mit Hautzellen deutlich dünner ist. Den neuen Erkenntnissen zufolge bietet ein Diaphragma, welches lediglich den Gebärmutterhals verschließt, im Gegensatz zu Kondomen also keinen ausreichenden Schutz vor einer Ansteckung.

"Dies ist ein unerwartetes und wichtiges Ergebnis", erklärte Thomas Hope von der Northwestern University School of Medicine in Chicago. "Bisher hatte die Forschung wirklich keine Ahnung über die Details, wie die sexuelle Übertragung von HIV tatsächlich funktioniert. Die Mechanismen waren alle sehr unklar." In ihren Versuchen mit Gewebeproben vom Menschen und von Rhesusaffen sowie mit leuchtenden Farbmarkierungen versehenen HI-Viren beobachteten die Forscher nun, dass die Viren die äußere Schleimhautschicht, das so genannte Plattenepithel, passieren können. Die Erreger drangen innerhalb von nur vier Stunden durch die Hautbarriere, indem sie zwischen nur locker miteinander verbundenen Hautzellen hindurch schlüpften. Sie nutzten dazu die ganz normalen Zellerneuerungsprozesse aus - währenddessen hängen die Hautzellen nicht so dicht zusammen.

So gelangten die Viren schließlich bin in eine Tiefe, in der sie auch Immunzellen angreifen könnten. Hope hofft, dass ihre Ergebnisse in weiteren Studien bestätigt werden können und dabei helfen werden, neue Therapieansätze oder Impfmöglichkeiten zu entwickeln. Außerdem wollen die Forscher in weiteren Untersuchungen herausfinden, ob die Viren dort angelangt auch tatsächlich Immunzellen infizieren.

American Society for Cell Biology (ASCB) 48th Annual Meeting
Quelle: "Analysis of the Interaction of HIV with Female Genital Tract Tissue as a Model to Understand Sexual Transmission", Thomas Hope et al.; American Society for Cell Biology (ASCB) 48th Annual Meeting (16, Dezember, 15:45 Uhr, Minisymposium 20, Cellular Response to Infectious Agents, Raum 104, Moscone Center)


 

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