Glatze ade? Zelltherapie ermöglicht Wachstum neuer Haare

Spezielle Hautzellen lassen sich so im Labor vermehren, dass sie nach einer Transplantation die Bildung neuer Haarfollikel auslösen
Kreisrunder Haarausfall (Alopecia areata) im Anfangsstadium
Kreisrunder Haarausfall (Alopecia areata) im Anfangsstadium
© Abbassyma / gemeinfrei
New York (USA) - Bisher gibt es keine Behandlung, die nach Haarverlust ein Wachstum neuer Haare auslöst. Lediglich durch Transplantation behaarter Hautstücke lassen sich kahle Stellen der Kopfhaut überdecken. Jetzt ist es amerikanischen Forschern erstmals gelungen, menschliche haarbildende Zellen im Labor zu vermehren und erfolgreich zu verpflanzen. Nur wenn die Zellen im Nährmedium dreidimensionale Strukturen entwickeln konnten, behielten sie die Fähigkeit, Haarwachstum in der Haut anzuregen, berichten die Wissenschaftler im Fachjournal “Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)”. Für ihre Experimente verwendeten sie Stücke menschlicher Haut, die auf Mäuse verpflanzt worden waren. Erste Studien mit Menschen sollen bald beginnen. Die neue Technik könnte nicht nur bei Haarausfall, sondern auch nach Brandverletzungen hilfreich sein.

„Die derzeit verfügbaren Medikamente gegen Haarausfall verlangsamen den Verlust von Haarfollikeln oder stimulieren das Wachstum vorhandener Haare, aber sie erzeugen keine neuen Haarfollikel”, sagt Angela Christiano von der Columbia University in New York. Haarfollikel sind Einstülpungen der Oberhaut, aus deren unterem Ende – der Haarpapille – neue Haare hervorgehen. Bei Nagetieren lassen sich Zellen der sogenannten dermalen Papille im Labor vermehren und können dann nach Transplantation in die Haut neues Haarwachstum auslösen. Dagegen verlieren aus menschlicher Haut gewonnene Zellen der dermalen Papille diese Fähigkeit, wenn sie in den üblichen zweidimensionalen Zellschichten vermehrt werden. Im Unterschied zu den menschlichen Zellen lagern sich die entsprechenden Zellen von Nagetieren im Nährmedium spontan zu Zellhaufen zusammen. Die Forscher vermuteten darin die Ursache für das größere Potenzial nach Übertragung in die Haut.

Daher entwickelten sie eine neue Anzuchtmethode. Bei Vermehrung in “hängenden Tropfen” lagerten sich auch die menschlichen Zellen in mehrschichtigen Klumpen zusammen. Die enge Nachbarschaft mit anderen Zellen in drei Dimensionen sorgte irgendwie dafür, dass die Fähigkeit zur Erzeugung neuer Haarfollikel zumindest nicht ganz verloren ging. Genetische Analysen zeigten, dass das Spektrum aktiver Gene noch zu 22 Prozent mit dem der ursprünglichen Zellen dermaler Papillen übereinstimmte. Das reichte aus, um Hautzellen dazu anzuregen, neue Haare wachsen zu lassen, wie die Forscher schließlich nachweisen konnten: Aus Hautproben von sieben Menschen entnahmen sie Zellen der dermalen Papillen und vermehrten diese durch ihre neue Methode. Nach wenigen Tagen injizierten sie die Zellen zwischen Oberhaut und Lederhaut menschlicher Hautstücke, die auf die Rücken von Mäusen verpflanzt worden waren. In fünf Fällen bewirkte die Zellübertragung ein Wachstum neuer Haare, das mindestens sechs Wochen lang anhielt.

Jetzt besteht eine neue Möglichkeit, Patienten mit ihren eigenen, im Labor vermehrten haarbildenden Zellen zu behandeln. Auf welche Weise die transplantierten Zellen auf die Zellen der Oberhaut einwirken und die Bildung neuer Haarfollikel auslösen, sollen weitere Untersuchungen klären. Dabei hoffen die Forscher, die natürlichen Signalstoffe nachzuweisen, die diesen Prozess in Gang setzen. Ziel ist es, die Effizienz des Verfahrens noch zu steigern und mehr als die bisher erreichten 22 Prozent der benötigten Gene zu aktivieren. In Zukunft könnte die Behandlung im Frühstadium einer Glatzenbildung oder bei Patienten mit schweren Hautverbrennungen eingesetzt werden. Auch Frauen, deren Haarausfall meist nicht durch Hauttransplantationen behandelbar ist, könnten davon profitieren.

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