Gezielte Therapie gegen aggressive Prostatatumoren

Der Einsatz von Antikörpern gegen bestimmte Oberflächenproteine von Krebszellen ermöglicht eine neue Form der personalisierten Therapie für Prostatakrebspatienten
Ann Arbor (USA) - Bisher lassen sich lebensbedrohliche aggressive Prostatakarzinome nicht eindeutig von lokal begrenzten Krebsformen unterscheiden. Aber die übermäßige Produktion des Proteins SPINK1 hat sich als ein leicht nachweisbares Merkmal einer Untergruppe aggressiver Prostatakrebstypen erwiesen. Jetzt berichten amerikanische Mediziner, dass ein Antikörper, der die Funktion dieses Proteins blockiert, das Wachstum solcher Tumoren hemmt. In Tierversuchen verstärkte sich der Hemmeffekt durch Cetuximab, ein Medikament, das bisher nur für andere Krebsarten eingesetzt wird. Von einer solchen Kombinationstherapie könnten Prostatakrebspatienten mit hoher SPINK1-Produktion profitieren, schreiben die Forscher im Fachjournal "Science Translational Medicine". Ihre Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung der molekularen Tumortypisierung und einer personalisierten Krebstherapie, die speziell auf den Tumortyp des Patienten ausgerichtet ist.

"Unsere Ergebnisse bestätigen das SPINK1-Gen als Onkogen einer Untergruppe von Prostatakrebstypen", erklären Arul Chinnaiyan und Kollegen von der University of Michigan in Ann Arbor. In diese Untergruppe besonders aggressiver Prostatakarzinome fielen etwa zehn Prozent der analysierten 1500 Krebsfälle. Das Gen verursacht die übermäßige Produktion des SPINK1-Proteins, das als Hemmstoff für Eiweiß spaltende Enzyme wirkt. Was die verstärkte Aktivität auslöst und warum sie mit aggressivem Krebswachstum gekoppelt ist, wissen die Forscher noch nicht. Bei SPINK1-positiven Patienten lässt sich das Protein im Urin nachweisen. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass es an der Oberfläche der Krebszellen vorliegt und so leicht durch Antikörper erreichbar ist. Möglicherweise könnten SPINK1-positive Prostatakrebspatienten durch einen blockierenden Antikörper ähnlich gezielt behandelt werden wie HER2-positive Fälle von Brustkrebs durch den Antikörper Herceptin.

In Experimenten mit Zellkulturen stimulierte die Zugabe von gentechnisch hergestelltem SPINK1 in das Nährmedium das Wachstum von Prostatakrebszellen. In Versuchen mit Mäusen, denen SPINK1-positive menschliche Prostatatumoren verpflanzt wurden, verlangsamte ein gegen SPINK1 gerichteter monoklonaler Antikörper das Krebswachstum um 60 Prozent. Die Forscher stellten zudem fest, dass für die Krebs fördernde Wirkung von SPINK1 ein Kontakt zwischen diesem Protein und dem Rezeptor des Wachstumsfaktors EGF nötig ist. Daher behandelten sie die Mäuse mit dem Krebsmittel Cetuximab, einem monoklonalen Antikörper, der diesen Rezeptor blockiert. Das verringerte das Tumorwachstum um 40 Prozent. Wurden die Mäuse gleichzeitig mit beiden Antikörpern behandelt, erhöhte sich die Hemmwirkung auf 74 Prozent. SPINK1-negative Prostatatumoren reagierten auf diese Behandlung nicht. Für eine solche Kombinationstherapie kämen also nur Patienten in Frage, die zuvor SPINK1-positiv getestet wurden. Um erste klinische Tests durchführen zu können, müssen zunächst SPINK1-Antikörper entwickelt werden, die für den Einsatz am Menschen geeignet sind.

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Quelle: "Therapeutic Targeting of SPINK1-Positive Prostate Cancer," Bushra Ateeq et al.; Science Translational Medicine, Vol. 3, No. 72
Editorial: "A Two-Step Toward Personalized Therapies for Prostate Cancer," Andrew S. Goldstein et al.; Science Translational Medicine, Vol. 3, No. 72


 

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