Gesättigt oder ungesättigt: Wie Fettsäuren und andere Biomoleküle Stammzellen steuern

Ob reduzierte oder oxidierte organische Moleküle in der Zelle überwiegen, beeinflusst die Entscheidung von Stammzellen, sich zu vermehren oder weiterzuentwickeln
San Diego (USA) - Wann und wie sich Stammzellen in andere Zelltypen umwandeln, ist nicht allein damit zu erklären, dass bestimmte Gene ein- und ausgeschaltet werden. Auch die chemische Natur der Stoffwechselprodukte in der Zelle, der so genannten Metaboliten, beeinflusst die Entwicklung von Stammzellen, berichten amerikanische Forscher. In embryonalen Stammzellen überwiegen zunächst ungesättigte organische Verbindungen, aus denen dann bei der Umwandlung in beispielsweise Nerven- oder Herzzellen gesättigte Molekülformen entstehen. Indem man diese chemischen Reaktionen blockiert oder verstärkt, lässt sich die Entwicklung von Stammzellen hemmen oder beschleunigen, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal "Nature Chemical Biology".

Die Analyse sämtlicher Stoffwechselprodukte einer Zelle habe gezeigt, dass die chemische Natur und Funktion dieser Metabolite zum größten Teil noch unbekannt ist, sagt Gary Siuzdak vom Scripps Research Institute in San Diego. Zusammen mit Sheng Ding und Kollegen analysierte er mithilfe spezieller Techniken der Massenspektrometrie die Gesamtheit der organischen kleinen Moleküle, das Metabolom, von embryonalen Mäusestammzellen. Dabei entdeckten die Forscher unter mehr als 150 Verbindungen etwa 60 bisher völlig unbekannte Metabolite. Von besonderem Interesse war, wie sich das Molekülspektrum verändert, wenn sich die Zellen zu reifen Nerven- oder Herzmuskelzellen weiterentwickeln.

Sie stellten überrascht fest, dass in den Stammzellen ungesättigte organische Moleküle überwogen, das sind solche, deren Kohlenstoffe teilweise durch Doppelbindungen verbunden sind. Diese verhalten sich viel reaktionsfreudiger als gesättigte Verbindungen. "Wir hatten diese Ergebnisse nicht erwartet, obwohl es im Nachhinein sinnvoll erscheint, dass Stammzellen Metabolite enthalten, die chemisch flexibel sind", sagt Siuzdak. Dass der Redox-Status der Metabolite für das Verhalten der Stammzellen von großer Bedeutung ist, konnten die Forscher experimentell bestätigen: Durch Zugabe bestimmter Verbindungen in das Nährmedium der Zellkultur beschleunigten oder hemmten sie die Entwicklung der Stammzellen zu reifen Gewebezellen. "Unsere Ergebnisse zeigen, dass ungesättigte Fettsäuren nicht nur als Bausteine der Zellmembranen dienen, sondern auch die Entwicklung von Zellen mitbestimmen", sagt Ding. Die neuen Resultate könnten zudem erklären, wie Botenstoffe, die bei Verletzungen und Entzündungen freigesetzt werden, Stammzellen aktivieren und eine Geweberegeneration anregen: Die Flexibilität des Metaboloms spielt dabei wahrscheinlich eine große Rolle. Sie ließe sich nicht zuletzt auch nutzen, um die Effizienz der Gewebeanzucht zu verbessern.

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Quelle: "Metabolic oxidation regulates embryonic stem cell differentiation", Oscar Yanes et al.; Nature Chemical Biology, Online-Publikation, DOI: 10.1038/nchembio.364


 

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