Genetisch veränderte Bakterien hemmen Darmentzündungen

Behandlung mit Milchsäurebakterien, die menschliche Entzündungshemmer freisetzen, fördert die Heilung der entzündeten Darmschleimhaut bei Mäusen
Toulouse (Frankreich) - Bei entzündlichen Darmerkrankungen bildet die Darmschleimhaut zu wenig Elafin, ein entzündungshemmendes Protein. Die Einnahme von Elafin-Präparaten zur Behandlung der Krankheit ist aber wegen starker Nebenwirkungen nicht möglich. Jetzt haben französische Forscher stattdessen genetisch veränderte probiotische Milchsäurebakterien eingesetzt, die im Darm menschliches Elafin produzieren. In Experimenten mit Mäusen und Darmzellen von Patienten hemmten die Bakterien die Entzündung und förderten den Heilprozess der geschädigten Schleimhaut, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt „Science Translational Medicine“.

„Die schützenden Eigenschaften von probiotischen Bakterien müssen verbessert werden. Eine Möglichkeit, das zu tun, besteht darin, die Bakterien genetisch zu verändern,“ schreiben Nathalie Vergnolle von der Université Paul Sabatier in Toulouse und ihre Kollegen. Das Forscherteam arbeitet an einer neuen Therapie für schwer behandelbare chronische Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Die Zellen der Darmschleimhaut dieser Patienten bilden, verglichen mit gesunden Menschen, geringere Mengen an Elafin. Dieses Protein hemmt eiweißspaltende Enzyme und wirkt dadurch entzündungshemmend. Die Wissenschaftler bauten nun das Elafin-Gen in das Erbgut der beiden Milchsäurebakterien Lactococcus lactis and Lactobacillus casei ein, so dass die Mikroben das menschliche Protein produzierten. Eine Woche lang wurden diese Bakterien dann erkrankten Mäusen mit der Nahrung verabreicht. Auf diese Weise gelangte der natürliche Wirkstoff ganz gezielt an seinen Wirkungsort, wo er über einen längeren Zeitraum kontinuierlich freigesetzt wurde. Diese Therapie dämpfte die Entzündung und förderte die Heilung der Schleimhaut. Ähnliche Effekte erzielten die Forscher auch mit kultivierten Darmschleimhautzellen von Patienten.

Milchsäurebakterien, die auch zur Herstellung von Joghurt, Käse und anderen Lebensmitteln verwendet werden, sind gesundheitlich unbedenklich. Die Sicherheit eines Einsatzes genetisch veränderter, Elafin-produzierender Milchsäurebakterien müsste allerdings noch in klinischen Studien bestätigt werden. Erst dann könnte diese Form der Behandlung eine hilfreiche Alternative sein. Die Therapie chronisch entzündlicher Darmerkrankungen mit den derzeit verfügbaren Methoden ist mit starken Nebenwirkungen verbunden und bleibt nach Angaben der Autoren bei 20 bis 40 Prozent der Patienten erfolglos.

© Wissenschaft aktuell


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg