Gehirn entdeckt Fehler eine zehntel Sekunde vor ihrem Entstehen

Greift ein Pianist daneben, hat sein Gehirn den falschen Ton schon erfasst, bevor er erklingt. Manchmal hat das Individuum dann noch die Möglichkeit, die Fehlleistung abzuschwächen
Leipzig - Manchmal wünscht man sich, etwas nicht gesagt oder getan zu haben. Doch auch, wenn wenn einem etwas "rausrutscht" - das Gehirn hat schon etwa eine Zehntel Sekunde vorher gewusst, was passieren wird. Wahrscheinlich geschieht dies, so vermutet jetzt ein deutsches Forscherteam, weil das Gehirn schon früh Vorhersagen darüber macht, welches Ergebnis eine Handlung bewirken wird. Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass das Individuum oft noch versucht, den Fehler zu vermeiden, schreiben die Forscher in der Fachzeitschrift "PLoS ONE".

Ihre Erkenntnisse haben die Forscher in einem Experiment mit professionellen Pianisten gewonnen. "Ein Pianist muss wissen, welche Note als nächste wie gespielt werden soll, die entsprechenden Bewegungen müssen geplant und ausgeführt werden. Parallel dazu wird ständig die Richtigkeit des Klangs überprüft", erklärt Clemens Maidhof vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig. Überhaupt gilt: Kaum eine Tätigkeit fordert das Hirn so sehr wie das Spielen eines Instruments.

Die professionellen Musiker sollten im Experiment immer wieder aus dem Gedächtnis verschiedene Tonleitern beidhändig wiedergeben, die sie vorher gehört hatten. Ihre Hirnaktivität beim Spielen wurde dabei mithilfe der Elektroenzephalographie (EEG) überwacht. Bei dieser Technik werden Schwankungen der elektrischen Potenziale im Hirn durch Elektroden an der Kopfhaut aufgezeichnet. "Die Reaktionen auf verschiedene Einflüsse lassen sich so bis auf die Millisekunde genau verfolgen. So konnten wir ganz genau feststellen, wie das Hirn auf einen Fehler reagiert - und vor allem, wann", sagt Clemens Maidhof.

Unterlief den Musikern ein Fehler, führte dies zu einem Anstieg im EEG, und zwar bis zu einer zehntel Sekunde vor dem Drücken einer falschen Taste und bevor die Pianisten den falschen Ton gehört haben konnten. Das Gehirn schien den Fehler also schon eine zehntel Sekunde, bevor er geschehen ist, zu erkennen. Die falschen Tasten wurden zudem leiser und mit Verzögerung angeschlagen. Auch die zweite Hand, die zur gleichen Zeit die richtige Taste spielte, wies diese Verzögerung auf. "Möglicherweise spiegelt sich darin ein Versuch, den Fehler noch zu vermeiden", vermuten die Wissenschaftler.

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Quelle: "Nobody Is Perfect: ERP Effects Prior to Performance Errors in Musicians Indicate Fast Monitoring Processes", Clemens Maidhof, Martina Rieger, Wolfgang Prinz, Stefan Koelsch, PLoS ONE, 1. April 2009


 

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