Gefährliches Fledermausgeflüster

Indem sie bei der Echoortung ungewöhnlich leise Rufe ausstoßen, kommen Mopsfledermäuse unbemerkt so nah an ihre Beute heran, dass diese schwer entkommen kann
Die Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus)
Die Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus)
© Dietmar Nill
Bristol (Großbritannien) - Fledermäuse und Insekten liefern sich Nacht für Nacht wahre Schlachten um Fressen und Gefressen Werden am Nachthimmel. Während die Fledermäuse versuchen, ihre Beute mittels Echoortung aufzuspüren, haben viele Insekten Strategien entwickelt, die Rufe der geschickten Räuber rechtzeitig zu bemerken und dem Ende als Nachtmahl zu entgehen. In diesem Wettrüsten hat die Mopsfledermaus eine überraschende Geheimwaffe draufgesetzt, haben britische Biologen nun beobachtet: Sie flüstert. Die bis zu 100mal leiseren Rufe ermöglichen es den Jägern, sich auf bis zu 3,5 Meter an ihre Beute heranzupirschen, bevor diese die Gefahr bemerkt - und dann ist es zu spät. Diese schleichende Jagdtechnik erlaubt es der Mopsfledermaus, Futterquellen zu erschließen, die für Fledermäuse mit lauteren Rufen deutlich schwerer zu erjagen sind, berichten die Forscher im Fachblatt "Current Biology".

"Wir modellierten die Wahrnehmungsdistanzen für Fledermäuse und Motten und fanden heraus, dass die Mopsfledermaus durch Flüstern das Echo einer nichtsahnenden Motte hören kann, bevor diese Motte der sich nährenden Fledermaus gewahr wird", erklärt Holger Goerlitz von der University of Bristol. "Dieser Vorteil kommt allerdings auf Kosten der reduzierten Wahrnehmungsreichweite, etwa vergleichbar damit, wenn wir uns im Dunklen mit einem Feuerzeug statt eines Scheinwerfers orientieren müssen." Die Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus) ist ein sehr erfolgreicher Jäger, der vor allem Motten verspeist. Doch bisher war nicht klar, ob sie schlicht taube Insektenarten bevorzugt oder in der Lage ist, hörende Beute auszutricksen.

Goerlitz und seine Kollegen konnten mithilfe einer genetischen Methode feststellen, dass die Mopsfledermaus fast ausschließlich Mottenarten frisst, die sehr wohl hören können. In weiteren Versuchen maßen sie anhand der Aktivität der Nervenzellen in den Ohren der Motten, auf welche Distanzen die Insekten verschiedene Fledermausarten bemerken. An verschiedenen Orten rund um Bristol, darunter auf einem Friedhof in Clifton, zeichneten sie diese Nervenzellaktivitäten auf, während sie gleichzeitig die Position fliegender Fledermäuse verfolgten. "In freiem Feld Aufzeichnungen vom Ohr einer Motte durchzuführen, war eine echte Herausforderung, brachte aber erstaunliche Ergebnisse", erzählt Goerlitz' Kollegin Hannah ter Hofstede. "Während Motten andere Fledermäuse auf mehr als 30 Meter Entfernung wahrnehmen, kommt die Mopsfledermaus auf bis zu 3,5 Meter heran, ohne bemerkt zu werden." Als die Biologen dann noch die Rufe der Flüsterjäger analysierten, fanden sie heraus, dass diese bis zu 100mal leiser sind als die anderer Arten.

Die Strategie der Mopsfledermaus ist erfolgreich, weil es ihr ermöglicht, Beute zu fangen, die normalerweise wegfliegen würde. So umgeht sie den Konkurrenzkampf mit anderen Fledermausarten um dieselbe Beute und widmet sich Mottenarten, die für andere weitaus schwieriger zu erwischen sind. Ein solcher Erfolg sei recht ungewöhnlich, sagt Goerlitz: "Das ist ein seltener Fall in der Evolution, dass ein Räuber das Wettrüsten mit seiner Beute gewinnt, denn der Räuber verliert lediglich seine Mahlzeit, während die Beute ihr Leben verliert".

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "Report: An Aerial-Hawking Bat Uses Stealth Echolocation to Counter Moth Hearing", Goerlitz et al.; Current Biology (doi:10.1016/j.cub.2010.07.046)


 

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