Frau an der Angel: Fische ködern mit Futter-Attrappe
„Dies ist ein natürliches Beispiel für eine Angelrute, die konzipiert ist, um die Chance zu maximieren, einen Fisch zu fangen“, sagt Niclas Kolm von der Universität Uppsala. „In diesem Fall nicht irgendeinen Fisch, sondern einen Fisch des anderen Geschlechts.“ Die Biologen hatten bei 17 Populationen von Zwergdrachenflossern (Corynopoma riisei) in deren natürlichen Lebensraum in den Tropen untersucht, ob ein Zusammenhang besteht zwischen der Form der männlichen Köder-Fortsätze und den weiblichen Essgewohnheiten. Diese Beobachtungen ergänzten sie mit Experimenten im Aquarium. Hier testeten sie, ob es sich auf die anziehende Wirkung der männlichen Lockinstrumente auswirkt, welches Futter ein Weibchen kennt.
Das Team konnte zeigen: Die Form der männlichen Köder-Fortsätze variiert in der Natur tatsächlich mit der Ernährung der Weibchen. Die Labor-Versuche erhärteten diese Beobachtung. Weibchen, die etwa an Ameisen gewöhnt waren, schnappten auch bevorzugt nach Männchen, die aus Populationen stammten, in denen Ameisen einen Großteil des Speiseplans ausmachen und deren Köder ein entsprechendes Äußeres hatten. Sich an ihre weibliche Klientel anzupassen, zahlt sich für die Männchen demnach eindeutig aus. Die Grenzen zwischen sexuellen und kulinarischen Vorlieben verschwimmen in Anbetracht dieser Ergebnisse zusehends.
Die Biologen wollten mit ihren Untersuchungen einer Hypothese der Biologie auf den Grund gehen. Die sogenannte Sensory-Drive-Theorie geht davon aus, dass Kommunikation optimiert wird, indem Signalgebung auf die Umweltbedingungen abgestimmt wird. Somit wäre dieser Mechanismus auch ein möglicher Antrieb für die Erweiterung biologischer Vielfalt und die Artenbildung.