Fraßschäden machen Pflanzen fitter

Manche Gewächse, die abgefressen werden, gedeihen danach schneller und bilden mehr Blüten und Samen
Sprossspitze der Ackerschmalwand
Sprossspitze der Ackerschmalwand
© L. Brian Stauffer
Urbana (USA) - Einige Pflanzen, die von Tieren teilweise abgefressen werden, wachsen und gedeihen danach umso besser. Die Ursache dafür haben US-amerikanische Biologen jetzt aufgedeckt: Die Pflanzen reagieren auf diese Form des Stresses, indem sie die Chromosomenzahl in den Zellen vervielfachen. Das beschleunigt ihr Wachstum und erhöht die Samenproduktion, schreiben die Forscher im Fachblatt "Ecology". Am Beispiel der Ackerschmalwand konnten sie auch zeigen, dass nicht alle Varianten derselben Pflanzenart zu dieser Reaktion auf Fraßschäden in der Lage sind.

"Wir haben Pflanzen über mehrere Generationen untersucht und wissen, dass diejenigen, die abgefressen werden, tatsächlich eine bis zu dreifach höhere Vermehrungsrate haben als die anderen", sagt Ken Paige von der University of Illinois at Urbana-Champaign. In Gewächshausversuchen mit der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) haben er und Daniel Scholes nun eine Erklärung für diese Beobachtung gefunden. Die Forscher ließen jeweils 160 Pflanzen zweier Varianten bis zu einer bestimmten Größe wachsen. Die Hälfte von ihnen wurde dann kurzgeschnitten, um das Abfressen durch ein grasendes Säugetier zu simulieren. Vor dem Abschneiden sowie nach einer und nach drei Wochen entnahmen die Wissenschaftler Proben oberirdischer Pflanzenteile und ermittelten mithilfe eines Durchflusszytometers den DNA-Gehalt einzelner Zellen.

Eine der beiden Varianten erholte sich nach dem Abschneiden sehr schnell und bildete schließlich sogar mehr Blüten und Samen als die nicht abgeschnittenen Kontrollpflanzen. Die andere Variante wuchs nach dem Abschneiden langsamer und produzierte weniger Samen. Bei den abgeschnittenen Pflanzen, die sich besser entwickelten, hatte sich in einem größeren Teil der Zellen die Zahl der Chromosomen und damit der DNA-Gehalt stärker vervielfacht als bei den anderen. "Wir glauben, dass die DNA-Vermehrung die Ursache für den größeren Fortpflanzungserfolg ist", sagt Paige. Zu Beginn des Experiments enthielten alle Zellen jeweils zehn Chromosomen. Diese Zahl erhöhte sich bei einigen Zellen nach dem Abschneiden auf bis zu 320. Wenn der DNA-Gehalt der Zelle steigt, erhöht sich auch die Produktion von Proteinen, die für Wachstum und Fortpflanzung benötigt werden, erklärt Scholes. Dadurch nimmt auch die Größe der Einzelzelle zu, was zum schnelleren Pflanzenwachstum beiträgt. Wie das Ergebnis der anderen Ackerschmalwand-Variante zeigte, entscheiden offenbar genetische Unterschiede innerhalb einer Pflanzenart darüber, in welchem Ausmaß diese Reaktion ablaufen kann oder nicht.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: "Chromosomal Plasticity: Mitigating the Impacts of Herbivory", Daniel R. Scholes, Ken N. Paige, Ecology, Vol. 92(8), p. 1691, doi: 10.1890/10-2269.1


 

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