Fossiler Kot beweist: Neandertaler nutzten auch pflanzliche Nahrung

Ergebnisse von chemischen Analysen widersprechen der Vorstellung vom reinen Fleischesser
Rekonstruktion eines Neandertalers (Neanderthal Museum, Mettmann)
Rekonstruktion eines Neandertalers (Neanderthal Museum, Mettmann)
© Stefan Scheer / Creative Commons (CC BY-SA 3.0), http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.en
Cambridge (USA) - Die Ernährung des Neandertalers war wohl doch nicht so einseitig auf Fleisch ausgerichtet, wie bisher angenommen. Das schließen spanische und amerikanische Forscher aus chemischen Analysen fossiler Kotproben. Demnach ernährten sich die engsten Verwandten des Homo sapiens zwar überwiegend vom Fleisch erbeuteter Tiere. Aber in nicht geringem Maß ließen sich auch Verdauungsprodukte pflanzlichen Ursprungs nachweisen, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt „PLoS One“. Möglicherweise war der Neandertaler – ähnlich wie der moderne Mensch – fähig, sich wenn nötig auch auf Pflanzenkost umzustellen. Das spräche dagegen, dass mangelnde Flexibilität bei der Ernährung zum Aussterben dieser Menschenart beigetragen hat.

„In unserer Arbeit haben wir erstmals die Ernährung des Neandertalers erforscht, indem wir Bestandteile des Kots in archäologischen Proben analysierten“, sagt Ainara Sistiaga vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge. Zusammen mit Kollegen der Universidad de La Laguna auf Teneriffa untersuchte sie die Grabungsstelle El Salt bei Alicante, wo 50.000 Jahre alte Überreste von Neandertalern gefunden wurden. Dort entdeckten die Forscher versteinerte Exkremente, so genannte Koprolithe. Proben aus fünf solcher Funde, die aus unterschiedlichen Erdschichten stammten, wurden mit Hilfe von Gaschromatographie und Massenspektrometrie chemisch analysiert. Dabei ging es zum einen um den Nachweis von Koprostanol. Dieses wird von Darmbakterien aus Cholesterin gebildet. Koprostanol zeigt fleischhaltige Kost an, da es nur in tierischer Nahrung enthalten ist. Zum anderen ermittelten die Wissenschaftler den Gehalt an 5-beta-Stigmastanol, einem Abbauprodukt von Phytosterinen, das nur bei der Verdauung pflanzlicher Inhaltsstoffe wie dem Stigmasterin entsteht.

Die Ergebnisse zeigten, dass die Neandertaler hauptsächlich Fleisch konsumierten, aber auch pflanzliche Kost wie beispielsweise Knollen und Nüsse verzehrt haben mussten. Ähnliche Untersuchungen an anderen Neandertaler-Fundorten sind nötig, um diese Resultate zu bestätigen. Bisher gab es nur indirekte Hinweise auf den Speiseplan der Neandertaler, wie zum Beispiel Knochenfunde von Beutetieren und Zahnanalysen. Aber pflanzliche Reste in Zahnbelägen könnten auch darauf zurückzuführen sein, dass die Zähne nur als Werkzeug bei der Bearbeitung von Pflanzen genutzt wurden. Durch chemische Analysen von Koprolithen sind nun auch direkte Aufschlüsse über Ernährung und Verdauung der ausgestorbenen Menschenart möglich.

Homo neanderthalensis lebte in Eurasien zwischen 230.000 und 40.000 Jahren vor unserer Zeit – im Nahen Osten einige zehntausend Jahre lang gemeinsam mit Homo sapiens. Dabei kam es zu einer Vermischung des Erbguts beider Spezies. Heute stammen bis zu vier Prozent des Genoms der Menschen außerhalb Afrikas von den Neandertalern. Warum sie ausgestorben sind, ist noch nicht geklärt.

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