Fettspaltendes Enzym verursacht Abmagerung bei Krebs

Ein Lipasehemmer könnte den übermäßigen Muskel- und Fettabbau verhindern
Graz (Österreich) - Bei einigen Krebspatienten verkürzt eine unaufhaltsame Abmagerung die Lebensdauer. Wie es zu diesem starken Abbau von Fett- und Muskelgewebe kommt, haben jetzt österreichische Forscher bei Mäusen untersucht. Dabei fanden sie heraus, dass die Gewichtsabnahme bei Tieren mit Krebstumoren von der Aktivität eines fettspaltenden Enzyms abhängt. Bei genetisch veränderten Mäusen, denen diese Lipase fehlte, blieben Fett- und Muskelmasse trotz Tumorwachstum konstant. Der Einsatz von Lipasehemmern wäre daher eine mögliche Therapie, um die Abmagerung von Krebspatienten zu verhindern, schreiben die Wissenschaftler online im "Science Express" (doi: 10.1126/science.1198973).

"Unsere Ergebnisse lassen sich damit erklären, dass der Fettabbau eine wesentliche Rolle bei der Entstehung der krebsbedingten Kachexie spielt", schreibt die Forschergruppe von Rudolf Zechner und Gerald Hoefler an der Universität Graz. Als Kachexie bezeichnet man eine bisher nicht behandelbare Auszehrung, die außer bei Krebs auch bei chronischen Erkrankungen wie Tuberkulose, Aids oder Herzschwäche auftritt. Dabei kommt es zum Abbau von Fettgewebe und Skelettmuskulatur, während andere Gewebe nicht betroffen sind. Was die Kachexie auslöst, ist nicht bekannt.

Verlust eines Enzyms schützt Mäuse vor Kachexie

Die Forscher untersuchten, ob sich die Abmagerung durch Blockade des Fettabbaus verhindern lässt. Dazu übertrugen sie Lungen- oder Hautkrebszellen auf genetisch veränderte Mäuse, denen das fettspaltende Enzym Adipose-Triglycerid-Lipase (ATGL) fehlte. Während bei normalen Mäusen zwei Wochen nach Übertragung der Krebszellen die Abmagerung einsetzte, blieben Fett- und Muskelmasse der anderen Tiere mindestens drei Wochen lang unverändert. Der Effekt ließ sich nicht auf die Menge der aufgenommenen Nahrung zurückführen, da diese bei allen Tieren etwa gleich war. Experimente mit Mäusen, denen eine andere Lipase fehlte, lieferten ähnliche, wenn auch schwächer ausgeprägte Resultate. Auf welche Weise der blockierte Fettabbau auch den Muskelschwund verhindert, müssen nun weitere Untersuchungen aufklären.

Erhöhte Lipase-Aktivität auch bei Kachexie-Patienten nachgewiesen

Um die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den Menschen zu überprüfen, analysierten die Wissenschaftler Gewebeproben von zwölf verstorbenen Krebspatienten. Bei denjenigen, die an einer Kachexie gelitten hatten, waren im Bauchfett deutlich höhere Aktivitäten der Lipase ATGL messbar als bei den anderen. Je höher die Lipase-Aktivität, desto geringer war der Body-Mass-Index (BMI) der Patienten. Dieser Zusammenhang lege es nahe, sagen die Forscher, nach Wirkstoffen zu suchen, um Lipasen zu hemmen und möglicherweise dadurch eine Abmagerung bei Krebs und anderen chronischen Krankheiten zu verhindern. Was die erhöhte Lipase-Aktivität auslöst und wie es zum Muskelabbau kommt, ist weiterhin ungeklärt.

Nach Angaben der Autoren ist die Kachexie die direkte Todesursache bei schätzungsweise 15 Prozent aller Krebspatienten. Am häufigsten tritt die krebsbedingte Auszehrung bei Bauchspeicheldrüsen- und Magenkrebs auf.

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Quelle: "Adipose Triglyceride Lipase Contributes to Cancer-Associated Cachexia", Suman K. Das et al.; Science Express, doi: 10.1126/science.1198973, http://www.sciencexpress.org


 

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