Erhitzt ist Fleisch nahrhafter als roh

Braten und Kochen macht Fleisch und stärkehaltige Pflanzenknollen nicht nur leichter verdaulich, es erhöht auch ihren nutzbaren Energiegehalt
Cambridge (USA) - Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das seine Nahrung erhitzt. Amerikanische Biologen haben jetzt erstmals durch Messungen nachgewiesen, dass eine solche Vorbehandlung die Kalorienaufnahme erhöht. Der Konsum von gekochten Süßkartoffeln oder geröstetem Fleisch führt dem Körper mehr Energie zu, als die gleichen Mengen der unbehandelten Nahrung. Das schließen die Forscher aus Experimenten mit Mäusen. Die Fähigkeit, schwer verdauliche Pflanzenknollen und Fleisch vor dem Verzehr zu Erhitzen, habe für die Evolution des Menschen eine wichtige Rolle gespielt. Die jetzt präsentierten Ergebnisse könnten auch dazu beitragen, die Angaben des Kaloriengehalts für Lebensmittel der Realität anzupassen, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal "Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)".

"Wir haben jetzt erstmals eine klare Antwort auf die Frage, warum das Kochen über alle biologischen und kulturellen Unterschiede hinaus so wichtig ist: Es liefert uns mehr Energie - und für das Leben dreht sich alles um Energie", sagt Richard Wrangham von der Harvard University in Cambridge, Leiter des Forscherteams. Es ist bekannt, dass stärkehaltige pflanzliche Nahrung durch Erhitzen für den Menschen leichter verdaulich wird und als Energiequelle besser nutzbar ist. Inwieweit das auch für Fleisch zutrifft, wurde bisher nicht untersucht. Auf den chemisch messbaren Kaloriengehalt der Nahrung kommt es dabei weniger an, als darauf, welchen Anteil davon der Körper tatsächlich nutzt. So ist zu berücksichtigen, dass ein Teil der Nahrung nur den Darmbakterien zugute kommt oder unverdaut ausgeschieden wird.

Als Versuchstiere für ihre Fütterungsexperimente wählten die Forscher Mäuse, die wie Menschen pflanzliche und tierische Nahrung aufnehmen. Jeweils vier Tage lang wurden den Tieren entweder unbehandeltes, stark zerkleinertes oder geröstetes Rindfleisch bzw. rohe, zerkleinerte oder gekochte Süßkartoffeln in unbegrenzter Menge angeboten. Während jeder Ernährungsphase ermittelten die Wissenschaftler die Menge an aufgenommener Nahrung, den Energieverbrauch der Mäuse im Laufrad und die Zunahme des Körpergewichts. Das Ergebnis: Sowohl bei Kartoffeln als auch bei Fleisch führte das Erhitzen der Nahrung vor dem Verzehr zu einem erhöhten Körpergewicht bei gleicher Laufradaktivität und aufgenommener Essensmenge. Das Zerkleinern hatte nur einen geringen Effekt. Die Forscher erklären ihre Ergebnisse für den Fleischkonsum damit, dass die durch Hitze denaturierten Eiweiße schneller verdaut werden können. So gelangen nur noch wenige davon bis zu den Bakterien im Dickdarm. Außerdem töte das Erhitzen möglicherweise vorhandene Mikroben ab, was dem Körper eine energieaufwändige Infektionsabwehr erspart.

Der erhöhte Konsum energiereicher Nahrung war eine wichtige Voraussetzung für die Evolution des Menschen. Aber die starke Größenzunahme des Gehirns und des gesamten Körpers beruhte wahrscheinlich nicht nur auf vermehrtem Fleischverzehr, sondern auch auf der Erfindung des Kochens. Die neuen Ergebnisse sind auch für die heutige Ernährung von Bedeutung. So enthalte die Angabe des Kaloriengehalts eines Lebensmittels nicht die vom Körper tatsächlich daraus verwertbare Energie, sagt Erstautorin Rachel Carmody. Der Anteil, der an die Darmbakterien verloren geht, bleibe unberücksichtigt. Der Gewinn an Kalorien, den das Kochen bewirkt, sei nicht nur vorteilhaft sondern sogar notwendig für eine gesunde Ernährung, schreiben die Forscher. Für reine Rohköstler bestünde daher die Gefahr, an den Folgen von Mangelernährung zu erkranken.

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Quelle: "Energetic consequences of thermal and nonthermal food processing", Rachel N. Carmody et al.; Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), doi: 10.1073/pnas.1112128108


 

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