Durchbruch: Ein neuer Wirkstoff gegen die Schlafkrankheit

Mit einem oral verabreichten Enzymhemmer lassen sich die Erreger der Tropenkrankheit im Tierversuch schnell und effektiv abtöten
Trypanosoma brucei brucei im Phasenkontrastmikroskop
Trypanosoma brucei brucei im Phasenkontrastmikroskop
© Torsten Ochsenreiter
Dundee (Großbritannien) - Gegen die im tropischen Afrika verbreitete Schlafkrankheit, die unbehandelt tödlich verläuft, gibt es keine effektiven und sicheren Medikamente. Jetzt haben britische Forscher einen Wirkstoff entwickelt, der in Versuchen mit Mäusen die Erreger sehr schnell abtötet. Das Medikament blockiert ein Enzym, das eine für die Parasiten lebensnotwendige Reaktion katalysiert. Es kann durch Tabletten verabreicht werden und ist in einer so geringen Konzentration wirksam, dass nicht mit starken Nebenwirkungen zu rechnen ist. In 18 Monaten soll mit ersten klinischen Tests begonnen werden, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal "Nature".

"Das ist eine der wichtigsten Entdeckungen seit Jahren, die auf dem Gebiet der Medikamentenentwicklung für vernachlässigte Krankheiten gemacht wurden", sagt Paul Wyatt von der Drug Discovery Unit der University of Dundee. An der afrikanischen Trypanosomiasis, wegen der Komasymptome im Endstadium auch Schlafkrankheit genannt, sterben jährlich 30.000 Menschen. Erreger sind Trypanosomen, einzellige Parasiten, die durch Tsetsefliegen übertragen werden. Da sich die betroffenen Menschen keine teuren Medikamente leisten könnten, hatten die forschenden Pharmaunternehmen in der Vergangenheit kein Interesse daran, neue, besser verträgliche Heilmittel zu entwickeln. Jetzt konnten britische Forscher die Wirksamkeit eines Hemmstoffs nachweisen, der eine lebenswichtige Stoffwechselreaktion der Trypanosomen blockiert: die Kopplung von Myristinsäure, einer gesättigten Fettsäure, an Proteine. Sie ist für eine Verankerung dieser Proteine in der Zellmembran notwendig.

Aus einem Screening von 62.000 chemischen Substanzen ging eine Sulfonamidverbindung hervor, die das für die Reaktion nötige Enzym N-Myristoyltransferase schon in sehr geringer Konzentration hemmt. Zusätzliche chemische Veränderungen optimierten Wirksamkeit und Spezifität. Oral verabreicht, blieb die Verbindung mindestens zehn Stunden im Blut von Mäusen nachweisbar, so dass infizierte Tiere geheilt werden konnten. Haben die Erreger allerdings im fortgeschrittenen Stadium bereits das Gehirn infiziert, ist das neue Mittel in der jetzigen Form nicht wirksam, da es die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden kann. Die Forscher wollen nun den Wirkstoff zu einem dringend benötigten, preiswerten und leicht zu verabreichenden Medikament zur Behandlung der Schlafkrankheit weiterentwickeln.

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Quelle: "N-myristoyltransferase inhibitors as new leads to treat sleeping sickness", Julie A. Frearson et al.; Nature, Vol. 464, p. 728, doi:10.1038/nature08893


 

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