Drastische Sparmaßnahme: Parasitenwürmer bleiben spermienlos

In der Abwesenheit von Weibchen verschwenden die Nematoden keine Energie auf die Spermienproduktion
Maynooth (Irland) - Warum etwas herstellen, wenn gar kein Absatzmarkt vorhanden ist? Das denken sich wohl auch die Männchen einer parasitischen Wurmart, die keine Spermien produzieren, solange keine Weibchen in ihrer Nähe sind. Diese ungewöhnliche, wenn nicht sogar im Tierreich einzigartige Eigenart haben irische Biologen bei den winzigen Nematoden beobachtet. Was genau die Männchen der Art Steinernema longicaudum von dieser drastischen Sparmaßnahme haben, ist den Forschern noch unklar. Sie vermuten allerdings, dass das Verhalten in Anbetracht der besonderen Lebensumstände der Parasiten durchaus Sinn macht, berichten sie im Fachblatt "Current Biology".

"Die meisten Tiere können sich bei der Partnersuche frei bewegen und sollten daher bereit sein, aus jeder sich bietenden Gelegenheit das Beste zu machen", erklärt Christine Griffin von der National University of Ireland in Maynooth. "Doch wie viele Parasiten gelangt auch Steinernema in sein Wirtsinsekt, wenn er noch juvenil ist und entwickelt sich erst im Inneren [bis zur Geschlechtsreife]." Männchen, die alleine in einem Insekt gelandet sind, können sich daher nicht aktiv auf die Suche nach einem Weibchen machen. Ihnen bleibt nur, abzuwarten, bis eine junge potenzielle Partnerin sich zu ihm gesellt und erwachsen wird. Unter diesen Umständen wird kaum plötzlich und unerwartet ein Weibchen auftauchen, das ebenso plötzlich wieder verschwindet, bevor das Männchen zum Zug gekommen ist. Entsprechend hat das Männchen Zeit, die Spermienproduktion erst nach dem Kontakt zu starten.

Die Biologen hatten die Entdeckung gemacht, als sie das Fortpflanzungsverhalten der Nematoden im Labor beobachteten. Sie stellten überrascht fest, dass es eine Weile dauerte, bis ein Paar erfolgreich Nachkommen zeugte, wenn sie Männchen und Weibchen zusammen brachten. "Zuerst dachten wir, dass vielleicht das Weibchen nicht empfängnisbereit und/oder noch nicht geschlechtsreif war", erzählt Griffin. Weitere Experimente zeigten jedoch, dass das Männchen nicht bereit war. Der Fortpflanzungstrakt von Männchen, die nie einem Weibchen begegnet waren, war deutlich kleiner als der von Geschlechtsgenossen, die bereits die Nähe von Weibchen genossen hatten, und enthielt keinerlei Spermien.

Die Biologen vermuten, dass chemische Signalstoffe die Spermienproduktion ankurbeln. Denn wenn Männchen von einem Weibchen durch eine durchlässige Barriere getrennt waren, wurden sie auch zeugungsfähig. Ob es die gleichen Pheromone sind, mit denen die Weibchen auch die Männchen anlocken, wissen die Forscher bislang aber noch nicht. "Es ist sehr ungewöhnlich für ein Männchen, dass es die Anwesenheit eines Weibchens braucht, bevor es Spermien produziert", sagt Griffin. "Wir haben die Literatur durchsucht aber keinen Bericht darüber bei irgendeiner anderen Tierart finden können." Zwar reduzieren die Männchen mancher Nager, Fische oder Insekten die Zahl ihrer Spermien in Anbetracht der sozialen Umstände, ein völliges Einstellen der Produktion ist bisher allerdings nicht bekannt gewesen.

Current Biology
Quelle: "Male worms produce sperm only if female is present", Ebssa et al.; Current Biology (18, Vol. 21)


 

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