Die Stimme verrät, wie jemand aussieht - Prägung im Mutterleib?

Reading (USA) - Ist es ein Vorurteil, anzunehmen, dass Frauen mit Alt-Stimme nicht aussehen wie zarte Elfen? Und dass Männer mit tiefer Stimme männlich wirken? Nein, kein Vorurteil - sagt jetzt ein amerikanisches Forscherteam, das weibliche und männliche Stimmen im Abgleich mit ihren körperlichen und charakterlichen Eigenschaften untersuchte. Ihr Fazit: Frauen mit heller und Männer mit dunkler Stimme zeigen meist auch die geschlechtstypische symmetrische Idealform: die Sanduhr-Silhouette bzw. die breiten Schultern mit schmaler Hüfte. Frauen mit tieferer Stimme hingegen neigen zu weniger typisch weiblichen Figuren und wirken - zumindest auf Männer - dominant. Darüber hinaus konnten die Forscher jetzt im "Journal of Nonverbal Behavior" zeigen, dass bei diesen Frauen auch häufig der Ringfinger etwas länger ist als der Zeigefinger. Dies ist ein in der Forschung bereits bekanntes Merkmal, das bedeutet, dass jemand im Mutterleib einer erhöhten Dosis Testosteron ausgesetzt war.

Insgesamt 76 Stimmaufnahmen von Männern und Frauen sollte eine Gruppe aus 51 Studenten und 50 Studentinnen am Albright College bewerten. Das Team um Susan M. Hughes hatte die Sprecherinnen und Sprecher zuvor im Hinblick auf ihre körperliche Symmetrie vermessen und die Längenverhältnisse des Ringfingers zum Zeigefinger ermittelt. Die Versuchspersonen, die die Stimmen bewerten sollten, bekamen die Sprecher und Sprecherinnen nicht zu Gesicht und wussten auch generell nicht, wozu das Experiment diente. Sie sollten sich die Aufnahmen anhören und jede Stimme nach folgenden Eigenschaften bewerten: Umgänglichkeit, Dominanz, Gesundheit, Ehrlichkeit, Intelligenz, Reife, Wärme, Sex-Appeal und nach der Wahrscheinlichkeit, dass er oder sie zum Rendezvous bereit ist.

Es zeigte sich, dass die Sprecherinnen und Sprecher, denen Eigenschaften wie Sex-Appeal, Wärme, Gesundheit und Offenheit für Verabredungen zugewiesen wurden, tatsächlich in starkem Maße eine körperliche Symmetrie aufwiesen, die zu ihrem Geschlecht passte. Die Sprecherinnen hatten dann eher die Sanduhrfigur und die Sprecher den Dreiecksrumpf.

Jene weiblichen Stimmen, die als dominant empfunden wurden, wiesen oft ein im Verhältnis zum Zeigefinger längeren Ringfinger auf. Ein solches Längenverhältnis deutet darauf hin, dass diese Frauen schon im Mutterleib, im ersten Quartal ihres pränatalen Lebens, mehr Testosteron ausgesetzt waren als ihre Geschlechtsgenossinnen. Man vermutet, dass die Ausbildung der Finger im Mutterleib etwa zur gleichen Zeit vor sich geht wie die Entwicklung des Kehlkopfes. Das würde erklären, warum in der Pubertät aus der etwas zu tiefen Stimme keine hellere Stimme mehr wird. Bestimmte Stimmmerkmale werden offenbar bereits pränatal festgelegt und unterliegen im Mutterleib dem Einfluss von Testosteron und Östrogen. Männer, deren Ringfinger länger als der Zeigefinger ist, wurden aufgrund ihrer Stimme als sexy und warmherzig eingeschätzt. Interessanterweise musste es sich dabei aber um die rechte Hand handeln. Das gleiche Längenverhältnis an der linken Hand hatte nicht diese Wirkung.

Journal of Nonverbal Behavior
Quelle: "The Sound of Symmetry Revisited: Subjective and Objective Analyses of Voice", Susan M. Hughes, Matthew J. Pastizzo, Gordon G. Gallup Jr.; Journal of Nonverbal Behavior, Vol 32, Nr. 2 , Juni 2008, S. 93-108, doi: 10.1007/s10919-007-0042-6


 

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