Der Leidenfrost-Antrieb - Das Geheimnis der tanzenden Wassertropfen

Verdampfende Wassertropfen auf einer heißen Oberfläche zeigen verblüffende Bewegungen und treiben sich sogar selbst an
Leidenfrost-Antrieb: Wassertropfen auf einer heißen Platte treiben sich durch eine Rotation des Wassers im Innern selbstständig an.
Leidenfrost-Antrieb: Wassertropfen auf einer heißen Platte treiben sich durch eine Rotation des Wassers im Innern selbstständig an.
© Ambre Bouillant, Célia Boutilier & David Quéré
Paris (Frankreich) - Fallen Wassertropfen auf eine heiße Herdplatte, tanzen sie auf einem Kissen aus Wasserdampf in alle Richtungen. Dieser erstmals 1756 beschriebene Leidenfrost-Effekt – benannt nach seinem Entdecker Johann Gottlob Leidenfrost aus Duisburg – verursacht aber keine völlig chaotischen Bewegungen. Französische Physiker berichten nun in der Fachzeitschrift „Nature Physics“ über die genauen Ursachen für den Antrieb der tanzenden Wassertropfen. Auf dieser Basis könnte der Effekt für eine gerichtete und kontrollierbare Bewegung von Tropfen auf heißen Flächen genutzt werden.

„Die legendäre Mobilität der Tropfen steckt in ihnen selbst; sie treiben sich selbstständig an“, sagt David Quéré von der École Supérieure de Physique et de Chimie Industrielles ESPCI in Paris. Für seine Versuche ließ er gemeinsam mit seinen Kollegen aberhunderte Wassertropfen auf einen glatte, 350 Grad Celsius heiße Siliziumscheibe fallen. Die Bewegungen der Tropfen verfolgten die Wissenschaftler mit einer Hochgeschwindigkeitskamera. Zusätzlich konnten sie die Dynamik im Innern der Tropfen über den Zusatz winziger eingefärbter Partikel sichtbar machen.

Bei diesen Experimenten entdeckten sie, dass nur Tropfen mit einem Durchmesser von etwa einem Millimeter sich selbst effektiv antreiben konnten. Nach dem Auftreffen auf die heiße Fläche bewegten sie sich mit einer Beschleunigung von bis zu knapp neun Zentimetern pro Quadratsekunde in eine beliebige Richtung. Größere Tropfen dagegen zeigten diese Dynamik nicht, verfügten folglich über keinen messbaren inneren Antrieb. Auch auf der eigenen Herdplatte lässt sich gut beobachten, dass größere Wassertropfen eher an einer Position verharren als kleinere.

Der Blick ins Innere der Tropfen offenbarte den Forschern die Ursache für dieses Verhalten. In den kleineren Wassertropfen bildete sich unter der Hitze der Siliziumscheibe eine einzige Konvektionszelle. Das etwas heißere Wasser im unteren Teil des Tropfens stieg auf, etwas kälteres Wasser im oberen Teil fiel herab, so dass das Wasser im Tropfen in Rotation versetzt wurde. Diese Rotation verursachte einen winzigen Druckunterschied innerhalb des Tropfens. Das hatte zur Folge, dass die Kontaktzone aus Wasserdampf nicht mehr exakt horizontal, sondern etwas verkippt war: Auf einer Seite war das Wasserdampf-Kissen also etwas dünner als auf der gegenüberliegenden. Durch die innere Rotation angetrieben bewegte sich nun der Tropfen in die Richtung, in der das Wasserdampf-Kissen etwas dünner war.

Größere Tropfen ab etwa zwei Millimeter Durchmesser zeigten diesen Antrieb jedoch nicht. Denn sie waren groß genug, dass sich zwei Konvektionszellen im Innern ausbilden konnten. Die Antriebskräfte der inneren Rotation in den Konvektionszellen hoben sich folglich gegenseitig auf. In weiteren Versuchen wollen Quéré und Kollegen diesen Eigenantrieb der Tropfen noch näher untersuchen und die Randbedingungen ihrer Experimente weiter variieren. So wollen sie verstehen, wie sich die Dynamik beim Zusammenprall mehrerer Tropfen verändert und wie sich eine gefurchte Heizplatte auf die Bewegungen aufwirkt. Ein Ziel dabei ist es, die Richtung der sich selbst antreibenden Tropfen besser kontrollieren zu können.

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