Der Fingerabdruck des Whiskeys

Dünne Filme amerikanischen Bourbons bilden beim Verdunsten signifikante Netzwerkmuster.
Mit Wasser verdünnter Bourbon-Whiskey hinterlässt beim Verdunsten filigrane und charakteristische Netzwerkmuster aus Kolloiden.
Mit Wasser verdünnter Bourbon-Whiskey hinterlässt beim Verdunsten filigrane und charakteristische Netzwerkmuster aus Kolloiden.
© Stuart J. Williams et al., University of Louisville
Louisville (USA) - Schottischer Whisky unterscheidet sich nicht nur in der Schreibweise und Geschmack vom amerikanischen Whiskey. Auch Zutaten und Herstellungsprozesse variieren signifikant voneinander. Nun fanden amerikanische Wissenschaftler noch einen weiteren Unterschied: Verdunstet amerikanischer Bourbon-Whiskey, bildet sich ein charakteristisches Netzwerkmuster, schottische Whisky dagegen nur eine homogen getrübte Fläche. In der Fachzeitschrift „Physical Review Fluids“ gingen die Forscher den physikalischen Ursachen dieses Phänomens auf den Grund.

Bereits vor drei Jahren entdeckte eine Forschergruppe von der Princeton University, dass ein dünner Film schottischen Whiskys beim Verdunsten einen symmetrischen Ring auf der Unterlage hinterlässt. Als Ursache machten die Wissenschaftler sich selbst organisierende, organische Substanzen aus, die sich in Kolloiden anordneten. Von dieser Arbeit inspiriert untersuchten nun Stuart Williams und seine Kollegen von der University of Louisville diesen Effekt im Bourbon-Staat Kentucky genauer, um zu ermitteln ob amerikanischer Whiskey ein ähnliches Verhalten zeige. Ihr Ergebnis: verdunstende Bourbon-Filme aus gerade mal einem Mikroliter Flüssigkeit hinterließen je nach Verdünnung nicht nur einen „Kaffee-Ring“, sondern offenbarten unter einem Lichtmikroskop sogar ein jeweils einzigartiges Netzwerkmuster, das an die filigran verästelten Blutbahnen im Augapfel erinnerte.

Wie bei der älteren Whisky-Studie zeichneten schwer lösliche organische und beim Verdunsten zu Kolloiden verknüpfte Substanzen für die Strukturen verantwortlich. Da amerikanischer Bourbon-Whiskey in neuen Eichenfässern reift, enthält er auch sogar deutlich mehr an diesen Substanzen als schottischer Whisky, der bevorzugt in bereits benutzten Fässern gelagert wird. Die einzigartigen Netzwerkmuster bildeten sich jedoch nur, wenn der Whiskey zuvor mit Wasser auf 20 Volumenprozent verdünnt wurde. Bei dieser Konzentration bildeten sich in ersten Verdunstungsphase innerhalb der ersten Minute turbulente Strömungen. Dabei entstanden kleine Molekülkomplexe, sogenannte Mizellen, die die Grundlage für die Netzwerkmuster bei der weiteren, vollständigen Verdunstung legten. Sowohl bei einer höheren als auch bei einer niedrigeren Alkoholkonzentration trat dieser Effekt ebensowenig auf wie beim schottischem Whisky überhaupt.

Dank dieser Eigenart amerikanischen Bourbon-Whiskeys könnten nun auch Whisky-Laien zuverlässig Whiskey von Whisky unterscheiden. Doch Williams will noch einen Schritt weiter gehen. Denn seine Experimente ergaben auch für alle untersuchten Bourbon-Sorten deutlich unterschiedliche Netzwerkmuster. So könnte diese einfache Analyse-Methode – eine weitere systematische Reihenuntersuchung vorausgesetzt – auch zur Unterscheidung amerikanischer Bourbon-Sorten ohne jede aufwendige chemische Analyse genutzt werden.

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