Depression und Schmerz: Ein Mittel gegen beides
„Unsere Ergebnisse zeigen einen Regulationsmechanismus, der für das gemeinsame Auftreten von Schmerz und Depression verantwortlich ist und auf eine neue Strategie für die gleichzeitige Behandlung beider Leiden hinweist“, schreiben Jianren Mao und Kollegen vom Massachusetts General Hospital in Boston. Für ihre Experimente erzeugten die Forscher bei Ratten Schmerzen, die mindestens drei Wochen anhielten, indem sie eine Entzündung in einem Fußgelenk der Tiere auslösten. Die Beschwerden führten nach einigen Tagen zu depressivem Verhalten. Parallel dazu verstärkte sich die Aktivität des Enzyms IDO1 im Gehirn. Dieses Enzym, eine sogenannte Indolamin-Dioxygenase, steuert die Umsetzung der Aminosäure Tryptophan, die unter anderem als Vorläufer des Botenstoffs Serotonin dient. Das Ausschalten des IDO1-Gens im Gehirn der Versuchstiere oder die Hemmung des Enzyms durch ein Medikament verringerte gleichzeitig die Schmerz- und die Depressionssymptome. Dieser Befund ist wahrscheinlich auch für Menschen relevant: Bei depressiven Patienten mit chronischen Schmerzen fanden die Forscher im Blut erhöhte Werte des Enzyms.
Es gibt Hinweise darauf, dass die IDO1-Produktion als Reaktion auf Entzündungen ansteigt. Diese Reaktion könnte durch Interleukin-6 vermittelt werden, einen Botenstoff, dessen Blutspiegel bei Schmerzpatienten und Depressiven erhöht ist. Tatsächlich konnten die Forscher durch Injektion des Wirkstoffs in den Hippocampus von Ratten die IDO1-Aktivität in dieser Hirnregion verstärken und damit eine gesteigerte Schmerzempfindlichkeit sowie depressives Verhalten auslösen. An der Kopplung zwischen Schmerzempfinden und Depression seien aber wahrscheinlich weitere Botenstoffe beteiligt, so die Autoren. Da Hemmstoffe des Enzyms bereits vorhanden sind und schon in anderen klinischen Studien eingesetzt wurden, sollten diese Mittel nun daraufhin getestet werden, ob sie vorbeugend oder therapeutisch gegen beide Leiden wirksam sind.