Chemie im Computer - erstmals Reaktion mit vier Atomen simuliert

Komplette Berechnungen sollen Ausbeute von Chemieprozessen erhöhen
Solche Experimente könnten sich Chemiker dank Computersimulationen in Zukunft immer öfter sparen
Solche Experimente könnten sich Chemiker dank Computersimulationen in Zukunft immer öfter sparen
© Bundesarchiv, Bild 183-80659-0025 / CC-BY-SA, CC-Lizenz
Dalian (China) - Chemiker müssen heute viele Experimente durchführen, um die beste Ausbeute an den gewünschten Substanzen zu erhalten. Schneller, günstiger und effizienter führen Computersimulationen solcher Reaktionen zu diesem Ziel - allerdings braucht dies umso mehr Rechenkapazitäten, je mehr Moleküle beteiligt sind. Jetzt gelang es chinesischen Wissenschaftler erstmals, eine Reaktion mit vier Atomen vollständig zu berechnen. Die Ergebnisse aus dem Computer stimmten sehr gut mit einem Vergleichsexperiment überein. Über ihre Simulation, die zu effizienteren Prozessen in der chemischen Industrie führen könnte, berichten sie in der Zeitschrift "Science".

Je mehr Atome an einer Reaktion beteiligt sind, desto komplizierter wird deren Berechnung. Konnten bisher nur Prozesse mit drei Atomen vollständig im Computer simuliert werden, schafften nun Chunlei Xiao und seine Kollegen vom Institut für Chemische Physik in Dalian den Sprung auf vier Atome. Für diesen Fortschritt der Computer-Chemie wählten sie die Umwandlung von Wasserstoff und einer Hydroxyl-Gruppe zu Wasser und einem freien Wasserstoffatom. Für eines der beteiligten Wasserstoff-Atome wählten sie das doppelt so schwere Isotop Deuterium.

Die Abläufe dieser Reaktion mit allen möglichen quantenphysikalischen Teilprozessen offenbarten sich nach sehr aufwändigen Berechnungen. Ein Supercomputer brauchte etwa vier Wochen, um die Wechselwirkungen zwischen den vier Atomen komplett zu bestimmen. Doch der Aufwand lohnte sich: Ein Vergleich mit einer detaillierten Analyse der gleichen Reaktion im klassischen Laborexperiment zeigte sehr gute Übereinstimmungen.

Diese Wasserreaktion selbst ist noch nicht von großem Interesse für die chemische Industrie. Doch könnte die Simulationsmethode stückweise auf komplexere chemische Prozesse ausgeweitet werden. Gelingt dies mit immer leistungsfähigeren Supercomputern, dürfte die Vorab-Berechnung von Synthesereaktionen zu einem wichtigen Werkzeug avancieren. Mit weitaus geringerem Zeit- und Arbeitsaufwand wäre eine Ausbeute-Steigerung bei vielen Substanzen – vom Kunststoff bis zum medizinischen Wirkstoff – möglich.

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Quelle: "Experimental and Theoretical Differential Cross Sections for a Four-Atom Reaction: HD + OH → H2O + D", C. Xiao et al.; Science, doi: 10.1126/science.1205770


 

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