Boa würgt Beute bis zum Herzstillstand

Die Fähigkeit, auf den Herzschlag des Opfers zu reagieren, ist den Schlangen angeboren
Würgeschlangen erkennen den Herzschlag der Beute.
Würgeschlangen erkennen den Herzschlag der Beute.
© Scott Boback
Carlisle (USA) - Eine Boa constrictor würgt nur so lange wie nötig. Sie orientiert sich dazu am Herzschlag der Beute: Bei schlagendem Herzen drückt die Würgeschlange deutlich länger und heftiger zu. Das haben amerikanische Biologen in Versuchen mit toten Ratten beobachtet, die sie mit einem künstlichen, manipulierbaren Herzschlag versehen hatten. Sie liefern mit ihren Ergebnissen eine Antwort auf die Frage, wie Würgeschlangen wissen, wann die Beute tot ist und sie die aufwendige Tätigkeit einstellen können. Diese Fertigkeit der Reptilien scheint angeboren, berichten die Forscher im Fachblatt „Biology Letters“. Denn selbst Tiere ohne jegliche Erfahrung mit einem lebenden Opfer erkennen den Herzschlag und reagieren entsprechend.

„Das Würgen ist eine energetisch kostspielige und potenziell gefährliche Aktivität“, schreiben Scott M. Boback und seine Kollegen vom Dickinson College in Carlisle. Zuzuschlagen und die Beute zu erwürgen, mache die Schlangen angreifbar für Attacken seitens der Beute oder anderer Räuber. Daher dürften sie das Opfer nur lange genug würgen, um dessen Tod zu sichern. Bisher sei aber unklar gewesen, wie sie feststellen, dass es tot ist. Um dieser Fähigkeit auf den Grund zu gehen, beobachteten die Biologen das Würgeverhalten von 16 Schlangen der Art Boa constrictor. Neun der Tiere stammten aus freier Wildbahn. Sieben hatten ausschließlich in Gefangenschaft gelebt und kannten keine lebende Beute. In den Experimenten erhielten die Reptilien zwar warme, aber bereits tote Ratten als Mahlzeit. Die Nager waren allerdings derart präpariert, dass über ein hydraulisches System gezielt ein Herzschlag vorgegaukelt werden konnte.

In Vorversuchen hatten die Biologen zunächst festgestellt, dass das Erdrücken einer Ratte mit simuliertem Herzschlag für gewöhnlich durchschnittlich 20 Minuten in Anspruch nimmt. Dann untersuchten die Forscher drei Situationen: Wie die Schlangen Ratten mit einem simulierten Herzschlag erdrückten, wie sie reagierten, wenn der Herzschlag nach zehn Minuten abgeschaltet wurde und sie wie vorgingen, wenn kein Herzschlag vorhanden war. Über ein ebenfalls implantiertes wassergefülltes System ließ sich dabei bestimmen, wie viel Druck die Schlangen beim Würgen ausübten.

Die Experimente zeigten: Die Boas konnten eindeutig den Herzschlag der Beute erkennen. Sie würgten Ratten mit schlagendem Herzen fester und länger als Ratten ohne das vermeintliche Lebenszeichen. In Anwesenheit des Herzschlags passten sie ihre gefährliche Umarmung zudem häufig an, schnürten die Beute damit immer enger ein. Dies taten sie hingegen ohne den Herzschlag kaum. Stoppten die Biologen noch während des Erdrückens – nach den ersten zehn Minuten – den künstlichen Herzschlag, brachen die Reptilien den Würgevorgang ab, kurz nachdem das Pulsieren endete. In der Wildnis aufgewachsene Boas würgten ihre Beute im Vergleich zu in Gefangenschaft aufgezogenen Artgenossen insgesamt länger und mit größerem Druck. Dennoch zeigte sich auch bei den Würgeschlangen ohne jegliche Erfahrung mit lebender Beute die deutliche Reaktion auf den Herzschlag. Daraus schließen die Biologen, dass die Fähigkeit grundsätzlich angeboren ist, Erfahrung aber das Ausmaß der Reaktion beeinflusst.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: „Snake modulates constriction in response to prey’s heartbeat”, Scott Boback et al.; Biology Letters, DOI 10.1098/rsbl.2011.1105


 

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