Atemloser Nacktmull

Hirngewebe von Nacktmullen kommt länger ohne Sauerstoff aus, ohne Schaden zu nehmen, als das jedes anderen Säugetiers
Das Gehirn von Nacktmullen ist erstaunlich widerstandsfähig gegen Sauerstoffmangel
Das Gehirn von Nacktmullen ist erstaunlich widerstandsfähig gegen Sauerstoffmangel
© Roman Klementschitz, Wien - Creative Commons Attribution ShareAlike 3.0 License
Chicago (USA) - Das Gehirn von Nacktmullen kann erstaunlich lange ohne Sauerstoff auskommen - womöglich bis zu einer halben Stunde. Hinweise darauf hat ein amerikanisches Forscherduo in Versuchen mit Hirnzellen der skurril-putzig anmutenden Nager gefunden. Das Hirngewebe von Nacktmullen ist ihren Untersuchungen zufolge extrem widerstandsfähig gegen Sauerstoffmangel. Die Neuronen können sich sogar noch nach 30 Minuten ohne Sauerstoff wieder erholen, berichten die beiden Wissenschaftler im Fachblatt "NeuroReport". Diese Erkenntnis könnte dabei helfen, neue Ansätze für die Behandlung von Patienten zu finden, bei denen das Hirngewebe durch Sauerstoffmangel geschädigt wird - etwa aufgrund eines Schlaganfalls.

"In den extremsten Fällen haben die Neuronen von Nacktmullen ihre Funktion nach dem Einsetzen von Sauerstoffentzug mehr als sechsmal länger aufrecht erhalten als Maus-Neuronen", erläutert John Larson von der University of Illinois at Chicago. Gemeinsam mit seinem Kollegen Thomas Park hatte er die Widerstandfähigkeit von Nacktmull-Hirngewebe untersucht. Die Forscher stellten fest, dass die Nervenzellen sich eigentlich typisch unreife Eigenschaften erhalten. Alle Säuger-Föten leben in der Gebärmutter in einer sauerstoffarmen Umgebung und das Hirn behält auch nach der Geburt für eine kurze Zeit eine gewisse Widerstandskraft gegen Sauerstoffmangel bei. Doch bei Nacktmullen scheint diese Fähigkeit bis ins Erwachsenenalter bestehen zu bleiben.

"Wir denken, dass die extreme Widerstandsfähigkeit gegen Sauerstoffentzug ein Ergebnis evolutionärer Anpassungen an das Überleben in einer ständig sauerstoffarmen Umgebung ist", erläutert Park. "Der Trick wird nun darin bestehen, zu lernen, wie Nacktmulle in der Lage sind, den Hirnschutz vor geringem Sauerstoff zu behalten, so dass wir diese Information nutzen können, um Menschen zu helfen, die in Situationen wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Ertrinken einen vorübergehenden Verlust von Sauerstoff erleiden."

Für gewöhnlich sind die Gehirne von Säugern extrem empfindlich, was Sauerstoffmangel betrifft, und halten diesen Zustand nicht lange aus, ohne massiven Schaden zu erleiden. Nacktmulle aber leben unter extremen Bedingungen: in Kolonien mit bis zu 300 Mitgliedern in engen, unterirdischen Bauten, in denen die Luft häufig viel Kohlendioxid, aber kaum Sauerstoff enthält. Die Luft dort ist derart schlecht, dass jedes andere Säugetier irreversible Hirnschäden davontragen würde, wenn es dort lebte.

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "Extreme hypoxia tolerance of naked mole-rat brain", John Larson, Thomas J. Park; NeuroReport (Vol. 20, S. 1634, doi: 10.1097/WNR.0b013e32833370cf)


 

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