Arthrose: Die wahre Ursache des Knorpelschwunds im Gelenk

Eine Therapie zum Schutz des Gelenkknorpels muss im darunter liegenden Knochengewebe ansetzen
Eine Behandlung mit Antikörpern gegen den Wachstumsfaktor TGF-beta1 (rechtes Bild) verhindert Arthroseschäden im Kniegelenk von Ratten (linkes Bild: ohne Behandlung, Knochen = grün, Knorpel = rot).
Eine Behandlung mit Antikörpern gegen den Wachstumsfaktor TGF-beta1 (rechtes Bild) verhindert Arthroseschäden im Kniegelenk von Ratten (linkes Bild: ohne Behandlung, Knochen = grün, Knorpel = rot).
© Gehua Zhen, Nature Medicine (DOI: 10.1038/nm.3143)
Baltimore (USA) - Gegen Arthrose, die häufigste Gelenkerkrankung, gibt es bislang keine Therapie, die den Krankheitsverlauf stoppt oder gar eine Heilung bewirkt. Voraussetzung dafür wäre zu wissen, was die krankhaften Veränderungen in Gang setzt. Das haben amerikanische Mediziner jetzt herausgefunden: Bei starker Belastung oder nach einer Verletzung verstärkt das Knochengewebe unter dem Gelenksknorpel die Produktion eines wachstumsfördernden Botenstoffs. Dadurch bildet sich zu viel neues Knochengewebe, was die Knorpelschicht schädigt und schließlich degenerieren lässt. In Versuchen mit Mäusen und Ratten ließ sich durch Hemmung des Botenstoffs die Degeneration des Knorpels verlangsamen. Eine klinische Studie soll nun zeigen, ob die Behandlung mit einem solchen Hemmstoff auch bei Arthrosepatienten wirksam ist, schreiben die Forscher im Fachjournal „Nature Medicine“.

„Das Problem bei der Arthrose ist nicht das ‚Knorpelpolster’, sondern der Knochen darunter“, sagt Xu Cao von der Johns Hopkins University in Baltimore, der Leiter des Forscherteams. Nach der bisher vorherrschenden Theorie führt eine starke mechanische Beanspruchung eines Gelenks mit der Zeit zu immer schwereren Schäden des Knorpels. Dessen Aufgabe ist es, ein Aneinanderreiben der Knochen zu verhindern. Die Knorpeldegeneration verursacht starke Schmerzen und schränkt die Beweglichkeit ein. Besonders groß ist das Krankheitsrisiko zum einen nach einer Verletzung, zum anderen auch bei Übergewicht oder im Alter, wenn die Muskelkraft nachlässt. Als einzige Behandlungsmöglichkeit bleibt letztlich nur noch der Ersatz durch ein künstliches Gelenk.

Die Forscher untersuchten die Entwicklung einer Arthrose nach einem Kreuzbandriss im Kniegelenk von Mäusen. „Wir betrachteten den Knorpel und den darunter liegenden Knochen als funktionelle Einheit“, sagt Cao. Eine Woche nach der Verletzung hatten sich durch Abbau von Knochenzellen kleine Taschen im Knochengewebe gebildet. Das verstärkte dort die Produktion des Wachstumsfaktors TGF-beta1. Dieser Botenstoff lockte Stammzellen an, die neues Knochengewebe in den Hohlräumen erzeugten. Dabei geriet aber die natürliche Balance zwischen Neubildung und Abbau von Knochengewebe aus dem Gleichgewicht: Es entstand zu viel Knochenmasse, welche die aufliegende Knorpelschicht schädigte. Der Ablauf dieses Prozesses ließ sich durch einen direkt in das Gelenk gespritzten Antikörper bremsen, der den Wachstumsfaktor TGF-beta1 blockierte. Einen ähnlichen Effekt erzielten die Forscher bei genetisch veränderten Mäusen, deren Knochenzellen den Wachstumsfaktor nicht mehr produzieren konnten. Diese Ergebnisse ermöglichen erstmals die Entwicklung einer gezielten Behandlungsstrategie. In einer klinischen Studie soll jetzt die Wirksamkeit von TGF-Antikörpern bei Patienten mit Arthrose im Frühstadium geprüft werden.

© Wissenschaft aktuell


 

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