Antibiotikum hemmt Krebswachstum

Nitroxolin wirkt nicht nur gegen Infektionserreger, sondern hemmt auch das Tumorwachstum, indem es die Bildung neuer Blutgefäße unterdrückt
Baltimore (USA) - Ein bisher nur gegen Harnwegsinfektionen eingesetztes Antibiotikum könnte sich auch zur Krebstherapie eignen. Nitroxolin hemmt die Bildung neuer Blutgefäße und damit das Tumorwachstum und die Entwicklung von Metastasen, berichten amerikanische Mediziner. In Versuchen mit Mäusen erwies sich das Medikament als wirksam gegen Blasen- und Brustkrebstumoren. Da das Mittel bereits zugelassen ist, könnten schon bald klinische Studien zur Behandlung von Blasentumoren beginnen, schreiben die Forscher im "Journal of the National Cancer Institute".

"Wir haben gezeigt, dass Nitroxolin ein neuartiger Hemmstoff der Angiogenese ist und auf zweifache Weise wirkt", erklären Jun Liu und seine Kollegen von der Johns Hopkins University in Baltimore. Das Medikament hemmt die Vermehrung von Blutgefäßzellen und beschleunigt deren Zellalterung. Beide Wirkungen führen dazu, dass die Bildung neuer Blutgefäße, die Angiogenese, unterdrückt wird. Die Forscher hatten nach Substanzen gesucht, die das Enzym MetAP2, eine Methionin-Aminopeptidase, hemmen, da dieses an der Proteinsynthese beteiligte Enzym beim Wachstum neuer Blutgefäße eine Rolle spielt. Ein Screening von 175.000 chemischen Substanzen lieferte 294 Verbindungen, die eine Hemmwirkung zeigten. Am wirksamsten war Nitroxolin, das in sehr geringer Konzentration einen Hemmeffekt von über 99 Prozent erzielte.

Parallel dazu testeten die Forscher 2700 für andere Zwecke bereits zugelassene Medikamente direkt auf ihre Fähigkeit, das Wachstum von Blutgefäßzellen zu verhindern. Dazu setzten sie in winzigen Kulturgefäßen wachsende menschliche Endothelzellen aus Nabelschnurvenen ein. 210 Medikamente hemmten die Zellvermehrung um mehr als 50 Prozent, bei Nitroxolin waren es 95,5 Prozent. Weitere Untersuchungen ergaben, dass der Nitroxolin-Effekt nicht nur auf die MetAP2-Blockade zurückzuführen war. Nitroxolin blockierte gleichzeitig ein Enzym aus der Gruppe der Sirtuine (SIRT1) und beschleunigte dadurch die Alterung der Blutgefäßzellen. Beide Effekte erwiesen sich als synergistisch für die Angiogenesehemmung.

In Versuchen mit Mäusen, deren Blutgefäßwachstum künstlich stimuliert wurde, bestätigte sich die Hemmwirkung von Nitroxolin. Schließlich behandelten die Forscher Mäuse, denen menschliche Blasen- oder Brustkrebszellen verpflanzt worden waren, einen Monat lang mit Nitroxolin-Injektionen. Dadurch verringerte sich das Volumen an Brustkrebstumoren im Vergleich zu unbehandelten Tieren um 60 Prozent und das Wachstum von Blasenkrebstumoren wurde stark gehemmt. Noch ist nicht sicher, ob sich die Ergebnisse der Tierversuche auf Krebspatienten übertragen lassen. Wenn die optimale Dosierung ermittelt ist, sollen erste klinische Studien folgen, die den Erfolg einer unterstützenden Nitroxolinbehandlung bei Blasenkrebs prüfen.

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Quelle: "Effect of Nitroxoline on Angiogenesis and Growth of Human Bladder Cancer", Joong Sup Shim et al.; Journal of the National Cancer Institute, Vol. 102(24), p. 1855-1873, doi:10.1093/jnci/djq457


 

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