Geruchssinn beeinflusst Kontrolle des Körpergewichts

Der Verlust des Riechvermögens führt bei Mäusen zu einem verstärkten Fettabbau und verhindert Fettleibigkeit bei kalorienreicher Ernährung
Bei gleicher fettreicher Ernährung blieb die Maus mit fehlendem Geruchssinn schlank (rechts), während das normale Tier (links) fettleibig wurde.
Bei gleicher fettreicher Ernährung blieb die Maus mit fehlendem Geruchssinn schlank (rechts), während das normale Tier (links) fettleibig wurde.
© Riera et al., 2017, Cell Metabolism 26, 1–14
Berkeley (USA) - Wie gut unser Geruchssinn ist, hängt auch davon ab, ob wir gerade hungrig oder satt sind. Ein leerer Magen steigert bekanntlich die Riechleistung, nach einer Mahlzeit sinkt sie. Zumindest bei Mäusen gibt es auch einen Zusammenhang in umgekehrter Richtung, wie ein deutsch-amerikanisches Forscherteam jetzt herausgefunden hat. Demnach regulieren Geruchssignale das Körpergewicht, indem sie beeinflussen, wie viel Körperfett gespeichert oder abgebaut wird. Mäuse ohne Riechzellen blieben auch bei fettreicher Ernährung schlank. Diese Tiere bauten Fettdepots ab und setzten dabei vermehrt Energie in Form von Wärme frei, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt „Cell Metabolism“. Andererseits wurden Tiere mit künstlich verbessertem Riechvermögen schneller fettleibig als normale Mäuse. Ob ähnliche Beziehungen zwischen Geruchssinn und Körpergewicht auch beim Menschen existieren, ist noch nicht untersucht.

„Ich hätte nie erwartet, dass die Ausschaltung des Geruchssinns eine derart dramatische Abnahme des Körpergewichts auslösen würde“, sagt Andrew Dillin von der University of California in Berkeley, der zusammen mit Jens Brüning vom Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung in Köln die Arbeitsgruppe leitete. Die Forscher untersuchten gentechnisch veränderte Mäuse, deren Riechzellen in der Nasenschleimhaut durch eine spezielle Behandlung fast vollständig eliminiert worden waren. Diese Tiere hatten nach fettreicher Ernährung ein um 16 Prozent geringeres Körpergewicht als normale Mäuse bei gleicher Kost. Dabei unterschieden sich die Tiere in ihrem Appetit und der Kalorienaufnahme nicht. Selbst Mäuse, die bereits fettleibig waren, verloren ein Drittel ihres Körpergewichts, nachdem ihr Geruchssinn ausgeschaltet wurde.

Die unerwartete Gewichtsabnahme beruhte ausschließlich auf einem Abbau der Fettmasse. Wie weitere Untersuchungen ergaben, aktivierten ausbleibende Geruchssignale Teile des sympathischen Nervensystems, so dass einerseits die Masse an weißem Fettgewebe verringert wurde. Andererseits verstärkte sich die mit Wärmeproduktion verbundene Fettverbrennung im braunen Fettgewebe. Die Forscher überprüften ihre Ergebnisse mit Hilfe eines weiteren Typs genetisch veränderter Mäuse. Brüning war es gelungen, Tiere zu erzeugen, deren Riechleistung über das natürliche Maß hinausging. Tatsächlich verhielten sich diese Mäuse in den Ernährungsexperimenten genau umgekehrt wie Dillins Versuchstiere: Sie wurden schneller fettleibig als normale Mäuse.

Die Mäuse ohne Riechvermögen hatten einen erhöhten Blutspiegel an Adrenalin. Es sei bekannt, dass dieses Hormon in Stresssituationen die Verbrennung von Fett im braunen Fettgewebe ankurbelt, sagt Dillin. Die Forscher vermuten, dass es – wahrscheinlich vermittelt über den Hypothalamus – eine Verbindung zwischen Riechzellen und sympathischem Nervensystem gibt, die zusammen mit mehreren Hormonen für eine ausgeglichene Energiebilanz und die Kontrolle des Körpergewichts sorgt. Es sei durchaus möglich, dass eine vorübergehend blockierte Geruchswahrnehmung Stoffwechselreaktionen auslösen könnte, die für neue Therapien der Fettleibigkeit geeignet wären. Bisher ist aber noch offen, ob die Ergebnisse der Tierversuche überhaupt auf Menschen übertragbar sind.

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