Wie der Mensch aus wenigen Genen möglichst viel macht

Das alternative Spleißen, durch das aus einem aktiven Gen mehr als nur ein Protein entstehen kann, ist beim Menschen verbreiteter als bisher vermutet
Beim Spleißen werden die Introns aus der Vorläufer-RNA herausgeschnitten und die Exons wieder zusammengefügt
Beim Spleißen werden die Introns aus der Vorläufer-RNA herausgeschnitten und die Exons wieder zusammengefügt
© National Human Genome Research Institute, USA
Cambridge (USA) - In der Zahl seiner Gene unterscheidet sich der Mensch kaum vom Fadenwurm. Doch im Gegensatz zu diesem ist beim Menschen fast jedes Gen so aufgebaut, dass es die Produktion unterschiedlicher Proteine bewirken kann, berichten jetzt amerikanische Molekularbiologen. Ist ein Gen aktiv, wird seine DNA-Sequenz zunächst in eine Vorläufer-Boten-RNA umgeschrieben. Durch Herausschneiden nicht benötigter Stücke entsteht dann die reife Boten-RNA mit der Bauanleitung für ein Protein. Die Forscher haben nun herausgefunden, dass die Aktivität ein und desselben Gens in verschiedenen Geweben zu unterschiedlichen Proteinen führen kann, je nachdem welche Stücke herausgeschnitten werden. Dieses alternative Spleißen ist beim Menschen die Regel und kein seltener Ausnahmefall. Der Mechanismus könnte auch bei der Entstehung von Krebszellen eine wichtige Rolle spielen, schreiben die Autoren im Wissenschaftsmagazin "Nature".

"Noch vor zehn Jahren galt das alternative Spleißen eines Gens als ungewöhnlich und exotisch. Aber jetzt stellt sich heraus, dass es ein fast generelles Merkmal menschlicher Gene ist", sagt Christopher Burge vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge. Er und seine Kollegen analysierten Boten-RNA aus zehn unterschiedlichen Geweben und fünf Kulturen menschlicher Krebszellen. Dieses Material lieferte Gensequenzen, die in ihrer Gesamtlänge mehr als dem Vierfachen des gesamten menschlichen Genoms entsprachen.

Vergleiche zwischen entsprechenden DNA- und RNA-Sequenzen ergaben, dass alternatives Spleißen bei 93 Prozent der Gene vorkommt. Das heißt, dass ein Gen einer Herzzelle die Produktion eines anderen Proteins veranlasst als dasselbe Gen in einer Hirnzelle. In manchen Fällen können das sogar Proteine sein, die genau entgegengesetzte Funktionen haben. Auch in Gehirnzellen verschiedener Menschen stellten die Forscher fest, dass aus der Vorläufer-Boten-RNA eines Gens unterschiedliche reife Boten-RNAs und damit auch individuell unterschiedliche Proteine entstehen können. Zu alternativem Spleißen kommt es auch, wenn sich Stammzellen zu spezialisierten Körperzellen oder normale Zellen zu Krebszellen entwickeln. Ein besseres Verständnis dieses genetischen Umschaltens, so die Autoren, könnte vielleicht helfen, neue Krebstherapien zu entwickeln.

Massachusetts Institute of Technology
Quelle: "Alternative isoform regulation in human tissue transcriptomes", Eric T. Wang et al.; Nature, Online-Publikation, doi:10.1038/nature07509


 

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