Wie Nervenzellen länger leben

Eine spezielle Mikro-RNA blockiert Gene von Neuronen, die den programmierten Zelltod steuern - ein Schutzmechanismus, der zur Behandlung von neurodegenerativen Gehirnkrankheiten genutzt werden könnte
Fluoreszenzmarkiertes Neuron mit blockierter Apoptose
Fluoreszenzmarkiertes Neuron mit blockierter Apoptose
© Deshmukh lab, UNC
Chapel Hill (USA) - In der Entwicklungsphase des Nervensystems sterben viele nicht mehr gebrauchte Nervenzellen wieder ab, indem sie den programmierten Zelltod - die Apoptose - in Gang setzen. Warum aber reife Nervenzellen später kaum noch auf Apoptosesignale reagieren, haben amerikanische Forscher jetzt bei Mäusen untersucht. Sie fanden heraus, dass ein hoher Spiegel an einer bestimmten Mikro-RNA die Neuronen vor dem Absterben bewahrt. Möglicherweise ließe sich dieser Schutzmechanismus für therapeutische Zwecke nutzen, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt "Genes & Development". Auf diese Weise könnte vielleicht das Absterben von Hirnzellen bei Alzheimer, Huntington oder nach einem Schlaganfall verhindert werden.

"Dieses Molekül könnte eingesetzt werden, um den Ablauf der Apoptose-Reaktionskette zu blockieren, die das Absterben von Hirnzellen verursacht", sagt Mohanish Deshmukh von der University of North Carolina at Chapel Hill, der Leiter des Forscherteams. Mikro-RNAs sind kleine Nukleinsäuremoleküle, die Gene dadurch inaktivieren, dass sie sich an deren Boten-RNA anlagern und so die Proteinproduktion verhindern. Unter den Hunderten verschiedener Mikro-RNAs einer Zelle suchten die Forscher nach solchen, die den programmierten Zelltod von Nervenzellen blockieren. Dazu verglichen sie das Spektrum der Mikro-RNAs unreifer, Apoptose-anfälliger Nervenzellen von Mäusen mit jenem ausgereifter Nervenzellen. Es zeigte sich, dass der Spiegel an Mikro-RNA miR-29 in den reifen Neuronen stark erhöht war.

Als die Forscher unreife Zellen mit dieser Nukleinsäure behandelten, reagierten sie nicht mehr auf Signale, die normalerweise die Apoptose auslösen. Genauere Untersuchungen der Wirkungsweise ergaben, dass miR-29 nicht nur ein einzelnes, sondern eine ganze Gruppe von fünf verwandten Genen gleichzeitig abschaltete. Die Aktivität nur eines dieser Gene würde ausreichen, um gegebenenfalls den Zelltod zu bewirken. Die Apoptosehemmung der Mikro-RNA beschränkte sich auf Nervenzellen. Daher würde ihr therapeutischer Einsatz andere Körperzellen nicht beeinflussen, was die Gefahr von unkontrolliertem Zellwachstum verringert. Jetzt sollen Tierversuche prüfen, ob eine Behandlung mit miR-29 in der Lage ist, das Fortschreiten neurodegenerativer Hirnkrankheiten aufzuhalten.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: "miR-29b is activated during neuronal maturation and targets BH3-only genes to restrict apoptosis", Adam J. Kole et al.; Genes & Development, Vol. 25, p. 125-130, http://www.genesdev.org/cgi/doi/10.1101/gad.1975411


 

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