Wenn Wasser bei über 100 Grad gefriert
„Erstmals untersuchten wir die Phasenübergänge von Wasser innerhalb von einzelnen Nanoröhrchen aus Kohlenstoff“, sagt Kumar Varoon Agrawal vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge. Zusammen mit seinen Kollegen ließ er zuerst aus einer Methanatmosphäre Nanoröhrchen mit Durchmessern zwischen einem und 1,5 Nanometer wachsen. Diese Röhrchen deponierten sie auf einer extrem sauberen Unterlage aus Silizium. Eingesetzt in ein Wasserbad konnten sich die einzelnen Röhrchen mit Wassermolekülen füllen.
Theoretische Modelle legten bereits zuvor nahe, dass in Nanoröhrchen gefülltes Wasser schon bei Temperaturen über dem Gefrierpunkt gefrieren könnte. Doch die Messergebnisse führten zu überraschend höheren Werten. So zeigten Untersuchungen mit der Raman-Spektroskopie bei Röhrchen mit 1,05 Nanometer Durchmesser, dass Eiskristalle noch bei 138 Grad Celsius existierten. Bei dickeren Röhrchen mit etwa 1,5 Nanometer Durchmesser entstand Wassereis erst bei etwas niedrigeren Temperaturen zwischen 14 und 49 Grad.
Diese Experimente zeigten, dass das Gefrieren von Wasser stark vom Durchmesser der gefüllten Nanoröhrchen abhing. Aus den Messungen können die Forscher nun auf ein exotisches, thermodynamisches Verhalten von auf engstem Raum eingeschlossenen Wassermolekülen schließen. Verantwortlich für die hohen Gefrierpunkte sind sogenannte Einschluss-Effekte, die einen Einfluss auf den Wärmehaushalt der Wassermoleküle und damit auf deren Anordnung in mitunter geordneten Kristallen haben. Genauere Analysen dieses Verhaltens könnten bei der Entwicklung von Membranen mit nanoskaligen Poren und für winzige Ventile eine wichtige Rolle spielen.