Wählerischen Essern droht Mangelernährung im Alter

Bewohner in Pflegeheimen zeigen besonders häufig ein mäkeliges Essverhalten bei gleichzeitig schlechtem Ernährungsstatus
Angers (Frankreich) - Für ältere Menschen, die sich nicht mehr selbst mit Essen versorgen können, besteht ein erhöhtes Risiko einer Mangelernährung. Jetzt weisen Ergebnisse einer französischen Studie auf einen bisher wenig beachteten Zusammenhang hin: Demnach verhalten sich Ältere beim Essen umso wählerischer, je stärker sie bei der Ernährung auf Hilfe angewiesen sind. Sie ernähren sich dann auch eher nicht ausgewogen. Bedienstete in Pflegeeinrichtungen sollten daher bei den Mahlzeiten verstärkt darauf achten, besonders mäkeligen Bewohnern auf drohende Gesundheitsschäden hinzuweisen, aber auch für ein vielfältiges Nahrungsangebot zu sorgen, schreiben die Forscher im Fachblatt „Food Quality and Preference“.

„Zwischen 15 und 38 Prozent der älteren Menschen in Pflegeheimen sind mangelernährt; in geriatrischen Kliniken steigt dieser Wert bis auf 70 Prozent an“, erklären die Wissenschaftler um Isabelle Maitre von der Université Nantes Angers Le Mans in Angers. Eine nicht ausreichende oder nicht ausgewogene Zufuhr von Nährstoffen kann zu Muskelschwäche führen, das Immunsystem schädigen und verschiedene bereits vorliegende Krankheiten verschlimmern. In ihrer Studie untersuchten die Forscher erstmals den Zusammenhang zwischen wählerischem Essverhalten, Selbstversorgung und Mangelernährung bei über 65-Jährigen.

Dazu hatten 559 Männer und Frauen, von denen keiner unter einer Nahrungsmittelallergie litt, in einer Liste von 71 Nahrungsmitteln alle diejenigen angekreuzt, die sie nicht mögen. Die Auswertung berücksichtigte auch, ob Schwierigkeiten beim Zerkleinern der Nahrung auf dem Teller oder beim Kauen und Schlucken der Grund dafür waren, bestimmte Speisen zu meiden. Durch ausführliche Befragungen und eine Ganzkörperuntersuchung ermittelten die Forscher den Ernährungsstatus für jede Person. Je nach dem Grad ihrer Selbstständigkeit wurden die Probanden in vier Kategorien eingeteilt. Diese reichten von eigenständiger Essenszubereitung zu Hause bis zu völliger Abhängigkeit von der Versorgung in einem Pflegeheim.

Als „ziemlich wählerisch“ eingestuft wurden 23 Prozent der Teilnehmer; diese hatten angegeben, mehr als jedes fünfte aufgelistete Nahrungsmittel nicht zu mögen. Je wählerischer jemand war und je mehr Speisen Probleme beim Essen bereiteten, desto höher war das Risiko einer Mangelernährung. Nur acht Prozent hatten Schwierigkeiten beim Kauen und Schlucken. Das war noch stärker mit mangelnder Ernährung gekoppelt als mäkeliges Essverhalten, was aber viel häufiger vorkam. Je mehr jemand beim Besorgen und Zubereiten der Nahrung auf die Hilfe anderer angewiesen war, desto eher bestand die Gefahr einer Mangelernährung. Unter den Pflegebedürftigen im Heim gab es mehr als dreimal so viele mäkelige Esser wie unter denen, die noch selbstständig zu Hause lebten.

Ob allerdings die Abhängigkeit von einer Verpflegung das wählerische Essverhalten verursacht, bleibt vorerst offen, so die Autoren. Bisher sei ungeklärt, ob sich mäkeliges Essen schon in jungen Jahren entwickelt und schon früh zu einem stabilen Persönlichkeitsmerkmal wird. Nach Ansicht der Forscher wäre es erstrebenswert, das Ausmaß an Mangelernährung in Pflegeheimen dadurch zu verringern, dass man mehr auf die Essgewohnheiten der Bewohner achtet und diese beim Essensangebot berücksichtigt.

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