Virustherapie gegen Hirntumor: Immunabwehr verhindert den Erfolg

Die Behandlung eines Glioblastoms mit onkolytischen Viren könnte durch die Blockade bestimmter Immunzellen verbessert werden
Glioblastoma multiforme (Positronen-Emissions-Tomographie)
Glioblastoma multiforme (Positronen-Emissions-Tomographie)
© The Armed Forces Institute of Pathology (Wikimedia, public domain)
Columbus (USA) - Einige Viren können Krebszellen vernichten, ohne gesundes Gewebe zu schädigen. Warum jedoch der Einsatz solcher onkolytischer Viren bisher nur wenig wirksam war, haben amerikanische Mediziner jetzt herausgefunden. Bei Mäusen mit menschlichem Glioblastom, einem tödlichen Hirntumor, konnten sie zeigen, dass eine Virustherapie Zellen des angeborenen Immunsystems aktiviert. Diese sogenannten natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) stoppen die Virusvermehrung im Krebsgewebe, so dass die Tumorzellen nicht vollständig zerstört werden. Wenn es gelingt, die Immunzellen zu blockieren, könnte das die Wirksamkeit der Virustherapie wesentlich verbessern, schreiben die Forscher im Fachjournal „Nature Medicine“.

„In klinischen Studien hatten wir bemerkt, dass sich nach der Behandlung mit den onkolytischen Viren eine beträchtliche Zahl von Immunzellen in den Hirntumoren der Patienten angesammelt hatte“, sagt Antonio Chiocca von der Ohio State University in Columbus. Es blieb aber unklar, ob die aktivierte Immunabwehr die Viren im Kampf gegen den Tumor unterstützt oder schwächt. Diese Frage beantworteten die Forscher nun durch Experimente mit Gewebekulturen menschlicher Glioblastome sowie in Tierversuchen. Dabei setzten sie ein genetisch verändertes Herpes simplex Virus (HSV) ein, das sich bei der Behandlung von Menschen als sicher erwiesen hat.

Innerhalb weniger Stunden, nachdem die Viren in die Hirntumoren von Mäusen injiziert worden waren, erhöhte sich die Zahl an NK-Zellen im Krebsgewebe. Diese Immunzellen können neben Krebszellen auch solche Zellen angreifen, die mit Viren infiziert sind. Die NK-Zellen sendeten Signale aus, die weitere Typen von Immunzellen – Makrophagen und Mikrogliazellen – anlocken. Insgesamt hemmten diese Immunreaktionen die Vermehrung der Viren und damit auch die Abtötung von Tumorzellen. Das bestätigte sich durch Experimente mit Mäusen, bei denen die Funktion der NK-Zellen eingeschränkt war: Diese Tiere lebten nach einer Virenbehandlung länger.

Schließlich gelang es den Forschern, zwei Rezeptorproteine auf der Oberfläche von NK-Zellen zu identifizieren, die für die Zerstörung von virusinfizieren Tumorzellen nötig waren. „Die Rezeptoren ermöglichen es den NK-Zellen, die onkolytischen Viren zu beseitigen, bevor diese den Tumor zerstören können“, sagt Michael Caligiuri, ein leitendes Mitglied des Forscherteams. Wirkstoffe, die diese Rezeptoren blockieren, würden daher die Effizienz einer Anti-Tumor-Virustherapie erhöhen. Das sollte nun, so die Wissenschaftler, in klinischen Studien geprüft werden.

Das Glioblastom ist der häufigste Typ von Hirntumoren bei Erwachsenen. Die Behandlung besteht darin, durch operative Entfernung von Tumorgewebe, Bestrahlung und Chemotherapie die Lebensdauer zu verlängern. Eine Heilung ist nicht möglich.

© Wissenschaft aktuell


 

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