Verräterische Krabbeltöne

Bodeninsekten verraten viel durch ihre Laufgeräusche - Vorteil für nächtliche Jäger wie die Fledermaus
Auch ohne Echo-Ortung finden Fledermäuse bodennahe Insekten aufgrund ihrer Krabbelgeräusche
Auch ohne Echo-Ortung finden Fledermäuse bodennahe Insekten aufgrund ihrer Krabbelgeräusche
© Dietmar Nill/Leonie Baier
Seewiesen - Spinnentiere, Käfer und andere Insekten am Boden sollten besser schleichen lernen: Sie verraten durch die Krabbelgeräusche nicht nur ihren Aufenthaltsort, sondern auch, auf welchem Untergrund sie sich mit welchem Tempo bewegen - und für geübte Hörer sogar ihre Größe. Das freut besonders nächtliche Jäger, darunter auch die Fledermaus, berichten süddeutsche Forscher. Denn wenn kleine Beutetiere nahe am Boden per Echo-Ortung nur schwer zu entdecken sind, greifen Fledermäuse zur akustischen Ortung. Auf trockenen Blättern sind Käfer achtmal so weit zu hören wie auf nackter Erde, und mit zunehmendem Lauftempo steigt die Lautstärke. Obendrein spielen Feuchtigkeit und Klimazone eine Rolle für die Geräusche, berichten die Forscher im "Journal of Experimental Biology".

"Am lautesten sind die Laufgeräusche, wenn die Käfer über Laub gehen - ganz leise wird es, wenn sie über nackte Erde laufen", erklärt Björn Siemers, Leiter der Nachwuchsgruppe Sinnesökologie am Max-Planck-Institut für Ornithologie. Sein Team hatte zunächst mit Weberknechten experimentiert, langbeinige Spinnentiere, die auf Wald- und Wiesenboden leben und von einigen europäischen Fledermausarten geschätzt werden. Die allerdings tun sich mit ihrer üblichen Jagdmethode schwer, so Siemers: "Mit Ultraschalllauten können Fledermäuse vor allem fliegende Beutetiere orten. Bewegt sich das Beutetier zu nahe am oder gar auf einem Untergrund, so überlappt sich das Bodenecho mit dem der Beute". Doch viele Fledermausarten nehmen neben den Ultraschallfrequenzen auch das für den Menschen hörbare Tonspektrum wahr und jagen nach Geräusch - ebenso wie Eulen, einige madegassischen Affenarten oder andere nächtliche Jäger.

Siemers Team untersuchte den Einfluss des Untergrunds auf die Laufgeräusche und verglich die Töne von Laufkäfern ähnlicher Größe, die im Labor über natürliche Substrate wie Buchenlaubstreu, frisch gemähte Wiese oder umgepflügten Ackerboden krabbelten. Um Nachtfeuchte zu simulieren, wiederholten die Forscher die Tonaufnahmen mit befeuchtetem Boden: Dabei nahm die Lautstärke der Laufgeräusche auf allen Substraten um rund die Hälfte ab. Weitere Tests auf Madagaskar zeigten, dass die Situation in den Tropen ähnlich liegt, wenngleich der allgemeine nächtliche Geräuschpegel durch Grillen, Zikaden und ähnliche Tiere deutlich höher liegt und den nächtlichen Jägern die Beutesuche erschwert. Doch auch in den Tropen - auf typischem Untergrund aus Blätterstreu, Rinde oder Sand - sind die Insekten auf Laub mit Abstand am lautesten.

Und je größer das Insekt, desto lauter ist es zu hören, berichten die Forscher: Dabei nimmt die Lautstärke mit der Größe auf Laub stärker zu als auf Sand; geringfügig größere Insekten sind also auf Laub überproportional lauter. Wenn die Fledermaus also den Untergrund kennt, auf dem das gehörte Insekt läuft, kann sie wahrscheinlich sogar seine Größe abschätzen, so Siemers: "Das ist eine wichtige Information, um zu entscheiden, ob die Jagd nach dem Snack einen Versuch wert ist oder nicht".

University of Warwick, Journal of Experimental Biology
Quelle: "Cues for acoustic detection of prey: Insect rustling sounds and the influence of walking substrate", Holger R. Goerlitz, Stefan Greif und Björn M. Siemers; Journal of Experimental Biology; Volume 211, Issue 17, pages 2799-2806; DOI 10.1242/jeb.019596


 

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