Tumortherapie: Immunzellen transportieren Wirkstoffe in Nanotaschen

Immunzellen können Tumorzellen besser bekämpfen, wenn sie Medikamente in Form von Nanopartikeln mit sich tragen
Cambridge (USA) - Bei einer Form der Immuntherapie werden Immunzellen des Krebspatienten im Labor verändert und dann wieder injiziert, damit sie Tumorzellen bekämpfen. Amerikanischen Forschern ist es jetzt im Tierversuch gelungen, die Effizienz dieser Technik deutlich zu verbessern. Sie statteten die Immunzellen mit einem Vorrat an Wirkstoffen aus, die in winzigen, außen an der Zelle befestigten Membrantaschen eingeschlossen waren. Im Tumor angekommen, wurden die Wirkstoffe ganz allmählich freigesetzt und beschleunigten die Vermehrung der Immunzellen, so dass diese die Krebszellen effektiver zerstören konnten. Dasselbe Prinzip könnte auch eingesetzt werden, um nach einer Knochenmarkstransplantation das Wachstum gesunder Blut bildender Zellen zu beschleunigen, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal "Nature Medicine".

Die Immunzelltherapie sollte für alle Patienten geeignet sein und zu einer Heilung beitragen, statt den Krankheitsverlauf nur zu verzögern, sagt Darrell Irvine vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge. Bei dieser Form der Krebstherapie werden dem Patienten T-Lymphozyten entnommen und im Labor so verändert, dass sie Strukturen der Krebszellen erkennen. Zusammen mit diesen Immunzellen injiziert man dann Interleukine oder andere Wirkstoffe, die für eine ausreichende Vermehrung der scharf gemachten T-Lymphozyten sorgen. Wegen starker Nebenwirkungen dürfen aber nur geringe Dosen solcher Hilfsmedikamente verabreicht werden. Um die Effektivität der wachstumsfördernden Mittel zu erhöhen, erzeugten Irvine und seine Kollegen Molekültaschen in einer Größe von weniger als einem tausendstel Millimeter.

Diese aus Membranen gebildeten Hüllen enthielten Moleküle der Botenstoffe Interleukin-15 und Interleukin-21. Pro Zelle hefteten die Forscher etwa hundert solcher Nanopartikel über chemische Bindungen an die Oberfläche von aktivierten T-Lymphozyten. Dann behandelten sie damit Mäuse mit Lungen- und Knochentumoren. An ihrem Zielort angekommen, setzten die Immunzellen über einen Zeitraum von einer Woche die Interleukine frei. Das stimulierte ihre Vermehrung, so dass sie mehr Tumorzellen zerstören konnten. Nach 16 Tagen waren alle Tumoren verschwunden. Sämtliche Mäuse waren nach 100 Tagen noch am Leben. Unbehandelte Mäuse starben nach 25 Tagen, die mit Immunzellen ohne Nanopartikel behandelten Tiere überlebten rund 75 Tage.

Die Nanotaschen könnten auch dazu dienen, Krebsmedikamente gezielt in Tumoren einzuschleusen, wodurch sich die Nebenwirkungen bei einer Chemotherapie verringern ließen, sagt Irvine. Eine weitere Anwendung bestünde darin, die Nanopartikel an Knochenmarkszellen anzuheften, die zur Behandlung von Leukämiepatienten transplantiert werden. Das beschleunigt den Aufbau eines neuen Immunsystems und verkürzt die Zeit, in der die Patienten sehr anfällig für lebensbedrohliche Infektionen sind. Erste Experimente mit Mäusen bestätigten den Erfolg dieser Methode. Die Forscher hoffen, ihre Nanopartikel für die Immuntherapie bei Krebspatienten erstmals in zwei bis drei Jahren einsetzen zu können.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: "Therapeutic cell engineering using surface-conjugated synthetic nanoparticles", Matthias T. Stephan et al.; Nature Medicine, Online-Publikation, DOI: 10.1038/nm.2198


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg