Syn1.0: Auf dem Weg zu künstlichem Leben
"Das ist die erste synthetisch hergestellte Zelle. Wir nennen sie so, weil ihre Existenz vollständig auf einem synthetischen Chromosom beruht, das ein Automat aus vier Flaschen mit Chemikalien hergestellt hat", sagt Craig Venter vom J. Craig Venter Institute in Rockville. Sein Forscherteam hat das gesamte, aus einer Million DNA-Bausteinen bestehende Erbgut des Bakteriums Mycoplasma mycoides chemisch hergestellt. Dazu mussten sie DNA-Stücke, die etwa 1000 Bausteine lang waren, Schritt für Schritt in der richtigen Reihenfolge zusammenfügen. Die letzten Syntheseschritte erfolgten in Hefe- und E. coli-Zellen, aus denen schließlich das komplette Bakteriengenom entnommen und in Zellen von Mycoplasma capricolum transplantiert wurde. Nach Vermehrung entwickelten sich daraus Bakterien, deren ursprüngliche DNA vollständig durch die künstliche ersetzt war. Nachweisen ließ sich das durch einige Veränderungen im künstlichen Erbgut, die teils bei der Herstellung ungewollt entstanden, und teils bewusst als genetische "Wasserzeichen" hinzugefügt worden waren, damit eine eindeutige Unterscheidung von der natürlichen Vorlage möglich war.
Die neu geschaffenen Mikroben, als Mycoplasma mycoides JCVI-syn1.0 bezeichnet, zeigten weitgehend dieselben Eigenschaften wie die natürlichen Mycoplasma mycoides-Bakterien. Am Projekt "Synthetische Zelle" hatten 20 Forscher mehr als zehn Jahre lang gearbeitet. Dabei entstanden Kosten in Höhe von etwa 40 Millionen Dollar. Es sei zu erwarten, dass die Kosten der DNA-Synthese ähnlich schnell sinken werden, wie es bei den DNA-Sequenzierungskosten bereits geschehen ist, so die Forscher. Dann stünde der Weg offen, auch andere Zellen mit einem weiten Spektrum synthetischer Genome auszustatten. Die so erzeugten Mikroben könnten, als Biofabriken eingesetzt, helfen, medizinische und andere Substanzen herzustellen oder Umweltgifte effektiver abzubauen.