Steinerne Pille bedroht Tokio

Insgesamt 300,000 Beben lieferten die Daten, die Shinji Toda vom Active Fault Research Center in Tsukuba und seine Kollegen vom US-Geological Survey in Menlo Park sammelten und mit aufwändigen Computersimulationen auswerteten . Dabei konzentrierten sie sich auf ein Gebiet 300 Kilometer nordwestlich von Tokio. Hier treffen drei Erdplatten aufeinander und verursachen Spannungen im Untergrund, die in der Vergangenheit zu zahlreichen, zerstörerischen Beben führten. Dabei tauchen – grob analysiert - die pazifische und die philippinische Platte unter der Masse des eurasischen Kontinents ab.
Doch in Wirklichkeit sind die Prozesse in 30 bis 90 Kilometer Tiefe weitaus komplexer. Ursache für die hohe Bebenaktivität ist ein geologisch kleines Bruchstück der pazifischen Platte. Dieses Kanto-Fragment, 25 Kilometer breit und 100 Kilometer lang, bewegt sich wie eine steinere Pille durch den Schlund der so genannten Subduktionszone. Jedoch kann sie von der eurasischen Platte nicht einfach verschluckt werden, sondern wird von den großen Platten eingezwängt. Genau hier liegt nach Aussage der Geologen der Grund für die erstaunlich hohe Bebenaktivität.
Trotz dieser neuen Analyse der Prozesse im Untergrund sind die Forscher von einer zuverlässigen Bebenvorhersage noch weit entfernt. Doch das Kanto-Fragment, das wahrscheinlich schon vor zwei bis drei Millionen Jahren von der pazifischen Platte abgebrochen ist, soll den Schlüssel zu einem genaueren Verständnis dieser Erdbebenregion liefern. Ähnliche Fragmente vermuten die Wissenschaftler auch an anderen Plattengrenzen rund um den Globus.