Stammzellen aus der Nase können geschädigtes Hirngewebe regenerieren

Die Transplantation eines speziellen Typs menschlicher Stammzellen verbesserte im Tierversuch auch die Hirnfunktion
Marseille (Frankreich) - Eine Regeneration von erkranktem oder verletztem Hirngewebe ist nur mit Hilfe von Stammzellen denkbar. Am besten dafür geeignet wären Stammzellen, die dem Patienten aus der Riechschleimhaut seiner Nase entnommen würden, berichten französische Forscher. Sie haben solche menschlichen Stammzellen in eine verletzte Hirnregion von Mäusen übertragen, wo sie sich in Nervenzellen umwandelten. Die Behandlung regte zudem die Entwicklung weiterer Hirnzellen an und verbesserte die zuvor geschwächte Lernleistung der Tiere, schreiben die Wissenschaftler im "Journal of Clinical Investigation" (doi: 10.1172/JCI44489). Die schnelle Verfügbarkeit großer Mengen patienteneigener Stammzellen sei ein weiterer großer Vorteil dieses Verfahrens im Vergleich zu anderen Methoden der Stammzelltherapie.

"Verglichen mit allen anderen Arten von Stammzellen, die für einen therapeutischen Einsatz im Zentralnervensystem in Frage kommen, hat dieser Stammzelltyp enorme Vorteile", schreiben Emmanuel Nivet von der Université de Provence und seine Kollegen. "Sie lassen sich bei örtlicher Betäubung leicht gewinnen und als körpereigene Zellen ohne ethische Bedenken und ohne technische Schwierigkeiten transplantieren." Die Riechschleimhaut der Nase verfügt auch bei älteren Menschen über ein starkes Regenerationspotenzial, das auf adulten Stammzellen beruht. Diese ersetzen geschädigte Riechsinneszellen, die in direkter Verbindung mit dem zum Gehirn führenden Riechnerv stehen. Ein erst kürzlich entdeckter spezieller Typ solcher Stammzellen hat die Fähigkeit, sich unter geeigneten Bedingungen auch sehr schnell zu funktionstüchtigen Nervenzellen zu entwickeln.

Transplantierte Zellen verbessern die Hirnfunktion

Diese Eigenschaft nutzten die Forscher in Experimenten mit Mäusen, deren Hippocampus geschädigt war. Die Schädigung dieser Hirnregion beeinträchtigte das Gedächtnis und das Lernvermögen der Tiere. Die in das Gehirn injizierten Stammzellen wanderten gezielt zum Ort des zerstörten Gewebes. Fünf Wochen später hatten sich zwischen 13 und 20 Prozent in reife oder unreife Nervenzellen umgewandelt. Gesteuert wurde dieser Prozess wahrscheinlich durch Signalstoffe an der Verletzungsstelle des Hippocampus. Zusätzlich regte die Zelltransplantation auf bisher nicht bekannte Weise die im Gehirn vorhandenen Stammzellen dazu an, sich ebenfalls zu neuen Hirnzellen zu entwickeln.

"Die Transplantation der menschlichen Stammzellen ermöglichte die teilweise Wiederherstellung des geschädigten Hippocampus", schreiben die Forscher. Auch dessen Funktion verbesserte sich: In Lernversuchen zeigten die Tiere deutlich höhere Leistungen als unbehandelte Mäuse. Die neu entstandenen Hirnzellen hatten sich in das bestehende Zellnetzwerk integriert und waren an der Signalübertragung beteiligt. Die Wissenschaftler hoffen, dass Menschen, die einen Schlaganfall erlitten haben oder an einer degenerativen Hirnkrankheit leiden, in Zukunft von dieser Form der Stammzelltherapie profitieren können.

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Quelle: "Engraftment of human nasal olfactory stem cells restores neuroplasticity in mice with hippocampal lesions", Emmanuel Nivet et al.; Journal of Clinical Investigation, doi: 10.1172/JCI44489


 

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