Serotoninblocker gegen Osteoporose
"Wir brauchen dringend neue Behandlungen, die nicht nur den Knochenabbau stoppen, sondern vielmehr eine Neubildung von Knochengewebe bewirken", sagt Gerard Karsenty von der Columbia University in New York. Solche Therapien könnten helfen, den verstärkten Verlust von Knochenmasse im Alter zu verhindern. Dies betrifft insbesondere Frauen nach der Menopause: Die dann verminderte Östrogenproduktion erhöht die Aktivität der Knochen abbauenden Zellen. Dadurch ist das normale Gleichgewicht zwischen Knochenaufbau und Knochenabbau gestört, die Knochendichte nimmt ab und die Bruchgefahr wächst. Karsenty und seine Kollegen versuchen, diese Balance durch Absenken des Serotoninspiegels im Blut wiederherzustellen. Vor einem Jahr hatten sie nachgewiesen, dass von Darmzellen gebildetes Serotonin die Vermehrung von Knochen bildenden Zellen hemmt.
Die Forscher testeten nun einen experimentellen Wirkstoff (LP533401) an weiblichen Ratten und Mäusen, deren Östrogen bildende Eierstöcke entfernt wurden. Das Mittel hemmt das Enzym Tryptophanhydroxylase-1, das den ersten Schritt der Serotoninbildung aus der Aminosäure Tryptophan katalysiert. Die Tiere erhielten sechs Wochen lang einmal täglich eine geringe Dosis des Wirkstoffs mit dem Futter. Das verhinderte die Entwicklung von Osteoporose und heilte bereits erkrankte Tiere. Der Serotoninspiegel im Gehirn blieb dabei unverändert. Offenbar überwindet das Mittel die Blut-Hirnschranke nicht, so dass eine selektive Wirkung auf das Darmgewebe sichergestellt ist.
Die meisten vorhandenen Osteoporosemittel hemmen nur den Abbau von Knochengewebe. Lediglich eine Therapie mit dem Parathormon, das aber täglich injiziert werden muss, fördert die Knochenbildung. Der neue Wirkstoff hätte den Vorteil, als Tablette verabreicht werden zu können. Da aber Nagetiere und Menschen Unterschiede in ihrem Knochenstoffwechsel aufweisen, müssen weitere Untersuchungen zunächst zeigen, ob das Mittel auch beim Menschen wirksam wäre. Das chemisch hergestellte LP533401 wird zurzeit in klinischen Studien zur Behandlung entzündlicher Darmkrankheiten getestet, ohne dass bisher starke Nebenwirkungen aufgetreten sind.