Schmerzmittel hilft bei hartnäckigen Blaseninfektionen

Ein entzündungshemmendes Medikament wie Ibuprofen verhindert, dass Immunzellen die Blasenwand schädigen und dadurch erneute Infektionen begünstigen
Eine Infektion mit dem Darmbakterium Escherichia coli ist die häufigste Ursache von Blasenentzündungen.
Eine Infektion mit dem Darmbakterium Escherichia coli ist die häufigste Ursache von Blasenentzündungen.
© Shutterstock, Bild151742357
Boston (USA) - Die Ursache häufig wiederkehrender Harnwegsinfektionen ist noch ungeklärt. Amerikanische Mediziner haben jetzt herausgefunden, dass überschießende Immunreaktionen dabei eine entscheidende Rolle spielen könnten. Bei Mäusen, die mit einem entzündungshemmenden Schmerzmittel behandelt wurden, sank das Risiko wiederholter Harnblasenentzündungen. Das Medikament bremste die Aktivität bestimmter Immunzellen und verhinderte so Schäden der Blasenwand, die spätere Neuinfektionen begünstigen. Ein ähnlicher Schutzeffekt hatte sich in einer früheren Studie bei Frauen gezeigt, denen Ibuprofen verabreicht worden war. Die Forscher raten vor einer Selbstmedikation ab, da meist auch eine antibiotische Behandlung unter ärztlicher Kontrolle notwendig sei, erklärten sie auf der Jahrestagung der „American Society for Microbiology“ in Boston.

„Wenn wir diesen Zusammenhang in klinischen Studien bestätigen können, würden möglicherweise sehr schnell viele Menschen davon profitieren“, sagte Thomas Hannan von der Washington University School of Medicine in St. Louis. Er und seine Kollegen hatten bei Mäusen beobachtet, dass eine Erstinfektion der Harnblase mit E. coli-Bakterien übermäßig starke Reaktionen der Immunabwehr auslösen kann, wonach die Anfälligkeit für spätere Infektionen steigt. Das widersprach früheren Annahmen. Demnach sollten eher zu schwache Immunreaktionen für sogenannte rezidivierende Harnwegsinfektionen verantwortlich sein. Doch bei dafür anfälligen Mäusen bewirkte eine anhaltende E. coli-Infektion, dass ein spezieller Typ von Immunzellen – die neutrophilen Granulozyten – sogar in ungewöhnlich großer Zahl in die Blasenwand eindrangen, um die Bakterien abzuwehren. Diese Entzündungsreaktion hinterließ jedoch bleibende Schäden der Blasenwand, die wiederum spätere erneute Infektionen erleichterte. Wenn das Einwandern der Immunzellen blockiert wurde, sank die Wahrscheinlichkeit einer chronischen Infektion von 72 auf 21 Prozent.

Eine ähnliche Wirkung erzielte ein oral verabreichtes Schmerzmittel aus der Gruppe der COX-2-Inhibitoren. Diese hemmen das Enzym Cyclooxygenase-2, das während der Infektion auch von den Granulozyten und den Zellen der Blasenwand gebildet wird. Den Forschern gelang es, die Dosierung des COX-2-Hemmers so einzustellen, dass die Infektion ohne negative Folgen zum Erliegen kam. Die frei verkäuflichen nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR), zu denen Acetylsalicylsäure, Ibuprofen und Diclofenac gehören, hemmen beide Formen der Cyclooxygenase (COX-1 und COX-2). In einer früheren kleinen Studie wurden Frauen, die unter akuter Harnblasenentzündung (Zystitis) litten, auch mit Ibuprofen behandelt. Dadurch verringerte sich das Risiko, dass die Infektionen später wiederkehrten. In welchen Fällen und in welcher Form eine solche Zusatzbehandlung sinnvoll ist, sollen neue Studien zeigen.

Infektionen von Harnblase und Harnleiter zählen zu den häufigsten bakteriellen Infektionen überhaupt. Hauptsächlich Frauen sind davon betroffen. Tritt die Erkrankung mindestens zweimal im Halbjahr auf, liegt eine rezidivierende Harnwegsinfektion vor. In der überwiegenden Zahl der Fälle sind bestimmte Varianten des Darmbakteriums E. coli für die Infektion verantwortlich. Ohne antibiotische Behandlung besteht die Gefahr, dass die Erreger auch die Nieren infizieren.

© Wissenschaft aktuell


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg